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Kommentar: Um die Gesundheitsversorgung kann es einem angst werden

Kommentar

Um die Gesundheitsversorgung kann es einem angst werden

Daniela Hungbaur
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    Gerade auch viele Kinderkliniken sind seit Langem völlig überlastet.
    Gerade auch viele Kinderkliniken sind seit Langem völlig überlastet. Foto: Marijan Murat, dpa

    Oft geht es sogar um Leben oder Tod. Schwerkranke Kinder können nicht warten. Krebspatienten können nicht warten. Unfallopfer können nicht warten. Wer wirklich dringend medizinische Hilfe braucht, kann nicht warten, bis Gesundheitsminister Karl Lauterbach nun eine Reform nach der anderen ankündigt und durchkämpft. Gerade in diesen Tagen spüren schon zu viele Menschen, dass unser Gesundheitssystem selbst multimorbid ist, dass einem angst und bang werden kann.

    Der Zustand der Kinder- und Jugendmedizin ist eine Schande

    Dabei leisten im Gesundheitssektor so viele Menschen so enorm viel. Und wahr ist: Im Vergleich zu vielen anderen Ländern zählt unseres zu den besten Gesundheitssystemen. Doch die jetzigen Krisen zeigen, wie viel im Argen liegt. Das fängt schon damit an, dass gerade der Bereich, der oberste Priorität genießen müsste, die Kinder- und Jugendmedizin, in einem so erbarmungswürdigen Zustand ist, dass es eine Schande ist. Und wie regeln wir es, dass einer wachsenden Zahl an alten, oft chronisch kranken Menschen, die erfreulicherweise medizinisch immer besser behandelt werden könnten, immer weniger Beitragszahler gegenüberstehen? Außerdem fehlt weiter eine Antwort auf eine der entscheidenden Fragen überhaupt: Wie schaffen wir es, dass endlich mehr Menschen in den Pflege- und in den Arztberuf gehen? Die bisherigen Anreize reichen ja wohl nicht aus. So wie es aufgestellt ist, hat unser Gesundheitssystem daher keine Zukunft.

    Gesundheitsminister Lauterbach hat viele gute Ansätze verkündet. So ist es nur richtig, angesichts des Medikamentenmangels die Verpflichtung aufzuheben, Arzneimittel nur beim billigsten Anbieter weltweit zu beziehen, sondern verstärkt Europa mit einzubeziehen. Besonders wichtig ist bei Medikamenten aber auch, dass in Deutschland klar definiert ist, welche Mittel unverzichtbar sind und dass von diesen ein ausreichender Vorrat vorhanden ist.

    Auch, dass Lauterbach die Fallpauschalen in den Kliniken zumindest reduzieren will, geht generell in die richtige Richtung. Doch ob damit schon eine auskömmliche Finanzierung garantiert ist, darf zumindest bezweifelt werden. Eine große Aufgabe wird es darüber hinaus sein, den Gesundheitssektor digitaler aufzustellen.

    Allein Geld in unser Gesundheitssystem zu investieren, reicht nicht

    Nun ist unser Gesundheitssystem eines der teuersten weltweit. Allein nur mehr Geld zu investieren, reicht daher nicht. In erster Linie muss endlich geprüft werden, an welchen Stellen das Geld in falsche Kanäle fließt, wo es nur der Gewinnmaximierung einiger, nicht aber dem gesundheitlichen Wohl vieler zugutekommt. Dies aber wird nichts daran ändern, dass generell noch mehr Geld für die Gesundheitsversorgung nötig sein wird. Daher müssen auch finanzielle Grundsatzfragen auf den Tisch: Ist es beispielsweise noch zeitgemäß, dass die, die es sich leisten können, privat versichert sind und das Solidaritätsprinzip nur bei den gesetzlich Versicherten gilt? Ist es nicht doch Zeit für eine Krankenversicherung, in die alle einzahlen? Und brauchen wir so viele Krankenkassen?

    Es ist also ein großer Umbau hin zu einem sicheren, zukunftsfähigen Gesundheitssystem nötig. Das kann einem Minister allein nicht gelingen. Es ist auch mit Blick auf die Dringlichkeit Aufgabe der Bundesregierung, sich gemeinsam sofort zu kümmern – und alle auf Bundes- und Landesebene müssen mitziehen. Die Zeit für politisches Heckmeck, für Schuldzuweisungen, wer was in der Vergangenheit verbockt hat, ist vorbei.

    Kranke Menschen jeden Alters, in der Stadt und auf dem Land, müssen sich auf eine bestmögliche gesundheitliche Versorgung verlassen können. Schließlich geht es oft um die Rettung ihres Lebens.

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