Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Fernsehduell: Warum es (k)ein Fehler war, Björn Höcke einzuladen

Kommentar

TV-Duell Höcke gegen Voigt: War es richtig, die AfD einzuladen?

Michael Stifter
    • |

    Einen Erfolg hatte Björn Höcke, Ikone der äußersten Rechten in der AfD, schon vor dem TV-Duell am Donnerstagabend erzielt. Er diskutierte zur besten Sendezeit auf Augenhöhe mit dem Chef der Thüringer CDU, Mario Voigt. Das Fernsehduell machte vor allem deshalb schon vorab Schlagzeilen, weil dahinter nicht so sehr die Frage stand, wer die besseren Argumente hat oder ob Höcke einmal mehr verbal entgleist. Es ging vielmehr um eine Grundsatzfrage zum Auftakt des Superwahljahres mit der Europawahl und gleich drei brisanten Landtagswahlen in Ostdeutschland. 

    Wie sollen andere Parteien und Medien mit der in Teilen rechtsextremistischen AfD umgehen? Entzaubern sich die populistischen Vereinfacher selbst, wenn es hart um die Sache, um Ideen und machbare Lösungsvorschläge geht? Oder trägt man nur zur Normalisierung einer Partei bei, deren Positionen und Stil eben nicht normal sind?

    Björn Höcke gegen Mario Voigt im TV-Duell, der Sender Welt TV macht den ersten Versuch

    Der Sender Welt TV führte an diesem Donnerstagabend um 20.15 Uhr quasi den ersten Feldversuch durch. Höcke gegen Voigt – da ging es um mehr als um die Landtagswahl in Thüringen, wo die AfD in Umfragen auf dem ersten Platz liegt. Denn die Rechtsaußenpartei ist längst kein Ost-Phänomen mehr, auch im Bund ist sie zweitstärkste Kraft hinter der Union. 

    Seit Jahren ringen die politische Konkurrenz, aber auch Journalistinnen und Journalisten, um den richtigen Umgang mit der AfD. Manche haben sich über sie empört, manche haben sie kopiert, manche haben sie hart an Themen gestellt, manche haben sie lächerlich gemacht. Das Ergebnis: Die AfD hat sich weiter radikalisiert und spielt mit Inbrunst ihre Opferrolle, die ihr zumindest beim eigenen Publikum nur noch mehr Zuspruch bringt. Und genau hier ist das Argument, warum es richtig sein kann, die AfD auch in solche Fernsehduelle einzuladen. 

    Leuten wie Björn Höcke, Alice Weidel oder Alexander Gauland wird es danach nicht mehr ganz so leicht fallen, zu behaupten, sie würden von "den Mainstream-Medien" totgeschwiegen. Man kann eine politische Kraft, die in mehreren Bundesländern Chancen hat, stärkste Fraktion im Landtag zu werden, nicht dauerhaft ignorieren. 

    Dass Mario Voigt sich in die Arena wagte, war mutig. Denn mit AfD-Leuten zu diskutieren, ist bisweilen so, als würde man mit Donald Trump einen gemeinsamen Nenner suchen. Wenn das Gegenüber nicht einmal bereit ist, eine Debatte auf Basis von allgemeingültigen Fakten zu führen, kann man nur verlieren. Der CDU-Mann ging trotzdem ins Risiko - selbst in seiner eigenen Partei war das Duell deshalb umstritten. Seiner persönlichen Glaubwürdigkeit im Wahlkampf von Thüringen kann es aber helfen, dass er sich nicht wegduckte. Zumal Voigt es dort ja nicht nur mit Höcke, sondern auch mit Noch-Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linken zu tun bekommt – beide sind wesentlich bekannter als er.

    CDU-Chef Friedrich Merz will die AfD hart in der Sache stellen

    CDU-Chef Friedrich Merz blieb nichts anderes übrig, als die Sache laufen zu lassen. Schließlich hatte er selbst die Parole ausgegeben, sich hart in der Sache mit den Rechtsradikalen auseinanderzusetzen. Andererseits ist es nun eben die Union gewesen, die dem Faschisten Höcke eine bundesweite Bühne bereitete, die er zur großen Selbstinszenierung zu nutzen versuchte. Seine Devise war eindeutig, sich vor großem Publikum selbst zu verharmlosen. 

    Macht man die AfD also erst recht zu einer Alternative für die Wählerinnen und Wähler, indem man mit ihr genauso umgeht wie mit den demokratischen Mitbewerbern, obwohl sie sich an Fakten, Regeln, Stilfragen und politische Umgangsformen nicht gebunden fühlt? Diese Frage kann man durchaus mit Ja beantworten. Und genau hier ist das Argument, warum es ein Fehler sein kann, die AfD in solche Fernsehduelle einzuladen. 

    Denn selbst, wenn sich Voigt in der Diskussion ganz ordentlich geschlagen hat, wenn er argumentative Punkte machte, wenn er Höcke immer wieder in Bedrängnis brachte, wird die AfD doch noch am selben Abend die große Propaganda-Maschine anwerfen und das TV-Duell zu einem gigantischen Erfolg stilisieren.

    In Sozialen Netzwerken wirft die AfD die Propaganda-Maschine an

    In Sozialen Netzwerken verfügen die Rechten über einen großen Vorsprung gegenüber den anderen Parteien. Viel früher haben sie erkannt, warum die Methode Trump in den USA so erfolgreich ist. Mut zur Halbwahrheit, könnte man in Anlehnung an den Parteislogan der AfD sagen. Was zählen schon Fakten, wenn Emotionen doch viel leichter die Massen mobilisieren? 

    Dennoch wäre es falsch, vor dieser perfiden Strategie zu kapitulieren. Die demokratischen Kräfte dürfen sich nicht vom Virus des Populismus anstecken lassen, sie müssen mit echten Lösungen und seriöser Politik dagegenhalten. Damit lässt sich vielleicht kein Start-Ziel-Sieg in einem Fernsehduell einfahren, damit lassen sich auch nicht Rechtsextremisten, Verschwörungsideologen und Demokratieverächter in den Reihen der AfD-Anhängerschaft überzeugen. Aber all jene, die aus anderen Gründen oder schlichtem Frust darüber nachdenken, die AfD zu wählen, obwohl sie von deren Ideen eigentlich gar nichts halten, muss man immer wieder in die Verlegenheit bringen, nachdenklich zu werden. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden