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Kommentar: TV-Duell: Die wichtigste Frage haben Merkel und Schulz nicht beantwortet

Kommentar

TV-Duell: Die wichtigste Frage haben Merkel und Schulz nicht beantwortet

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    Die wichtigsten Fragen blieben auch nach dem TV-Duell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz unbeantwortet.
    Die wichtigsten Fragen blieben auch nach dem TV-Duell zwischen Angela Merkel und Martin Schulz unbeantwortet. Foto: MG RTL D/dpa

    Wer sich vor dem Fernseh-Duell unsicher war, wen er wählen soll, dürfte danach ziemlich ratlos ins Bett gegangen sein. Denn die wichtigste Frage hat an diesem Abend weder Angela Merkel noch Martin Schulz beantwortet: Wie soll es in den kommenden vier Jahren in unserem Land weitergehen? Im einzigen Aufeinandertreffen der beiden Kandidaten ging es viel zu oft um die Vergangenheit und viel zu selten um die Zukunft. Das lag am Format dieses vermeintlichen „Duells“, das eine echte Konfrontation in Wahrheit unmöglich machte. Es hatte aber auch mit den Moderatoren zu tun, denen die Zeit davonlief.

    TV-Duell: Viele Fragen blieben unbeantwortet

    Spätestens nach einer Stunde ist klar: Das wird eng. Mehr als die Hälfte der Sendung haben sich die Kanzlerin und ihr Herausforderer da schon an der Außenpolitik und der Flüchtlingsfrage abgearbeitet. Es wirkt fast so, als wollten die Journalisten auf keinen Fall unter Verdacht geraten, dieses emotionale und polarisierende Thema zu schnell abzuhaken. Mit Claus Strunz haben die „besorgten Bürger“ dieses Mal quasi einen eigenen Vertreter im Studio. Doch seine provokanten Fragen, etwa zu ausreisepflichtigen Asylbewerbern („Wann sind diese Leute weg?“), machen erst recht deutlich, dass Merkel und Schulz in der Asylpolitik mehr verbindet, als sie trennt. Jedenfalls widerstehen beide der Versuchung, mit populistischen Äußerungen ein paar Punkte mitzunehmen. Das Problem an der Auseinandersetzung: Wieder geht es mehr darum, wer wann welchen Fehler gemacht hat, als darum, ob und wie Deutschland so viele Flüchtlinge integrieren kann. Vergangenheit statt Zukunft.

    Welchen Plan haben die CDU-Chefin und der SPD-Vorsitzende denn nun für unser Land? Die Antwort: Wir wissen es immer noch nicht. Beide sagen zwar, was sie auf keinen Fall wollen. Merkel zum Beispiel will keine Rente mit 70 und Schulz keine Pkw-Maut. Aber warum wir in der Bildung nicht mehr Weltspitze sind? Warum uns die Chinesen in Sachen Elektromobilität abgehängt haben? Warum wir in manchen Dörfern auf eine Leiter steigen müssen, damit das Smartphone wenigstens ein bisschen Internetempfang hat? Und was eigentlich aus der Energiewende geworden ist? Für solche Fragen bleibt genauso wenig Zeit wie für die Debatte, wie gerecht es denn nun wirklich in Deutschland zugeht.

    Ein Wahlkampf lebt von Emotionen

    Mit dem ständigen Blick auf die Uhr werden Moderatoren immer mehr zu Stichwortgebern für tausend Mal gehörte Statements aus dem Politikersatzbaukasten. Und weil Merkel und Schulz ja nicht direkt miteinander diskutieren dürfen (warum eigentlich nicht?!) und die kleineren Parteien gar nicht erst eingeladen wurden (warum eigentlich nicht?!), blubbert die Sendung irgendwann ihrem emotionslosen Ende entgegen. Dass beide Kandidaten ihre Schlussworte nutzen müssen, um noch schnell ein paar Botschaften unterzubringen (Merkel will digitalen Wandel und Schulz Aufbruchstimmung), belegt das Scheitern dieses staatstragenden und wenig spontanen Fernsehformats, auf dem vor allem die Kanzlerin beharrt hatte.

    Keine Frage: Wir können stolz darauf sein, dass die politische Auseinandersetzung in unserem Land – anders als etwa in den USA oder in Frankreich – trotz aller populistischen Tendenzen weiterhin mit Respekt vor dem Gegner geführt wird. Doch ein Wahlkampf lebt eben auch von Emotionen, vom engagierten Streit um die besseren Argumente und kreative Lösungen für die Zukunft. Und genau das hat dieses Pseudo-Duell leider nicht geboten. Mehr als 16 Millionen Zuschauer haben am Sonntagabend auf Antworten gewartet. Die Chance, diese Menschen für Politik zu begeistern, wurde vertan.

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