Es gibt zwei Szenen, die diesen Wochenstart in der Außenpolitik ganz gut zusammenfassen. Da ist Donald Trump, der im US-Bundesstaat Iowa mit großem Vorsprung die ersten Vorwahlen der Republikaner in den USA gewinnt. Und da ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der in Davos, beim Weltwirtschaftsforum in den Schweizer Bergen, die kriegsmüde Manager- und Politikkaste fast flehentlich daran erinnern wird, dass die Ukraine gegen Putin auch ihren Krieg führt, einen Krieg für die Freiheit Europas.
Trumps Erdrutsch-Sieg in Iowa ist keine Überraschung
Beide Entwicklungen sind nicht überraschend. Trumps Erdrutsch-Sieg bei den Vorwahlen war lange vorhergesagt, und dass der Westen immer knauseriger wird, der Ukraine am Ende des zweiten Kriegsjahres mit Waffen und Geld zu helfen, ist ebenfalls schon länger zu beklagen. Dennoch gehören beide Ereignisse eng zusammen. Das Überleben der Ukraine hängt am seidenen Faden, ohne die Unterstützung der USA kann das Land nicht überleben. Sollte Trump daher Kandidat der Republikaner werden und im Herbst gegen US-Präsident Joe Biden gewinnen, könnte das tatsächlich Putins Sieg bedeuten.
Und das ist nur eine Auswirkung, die Deutschland im Falle von Trump 2 voll treffen würde. Es gehört in Berlin schon seit Wochen zum guten Ton in Regierung und Opposition, darauf hinzuweisen, dass sich Deutschland und Europa auf eine Wahl Trumps vorbereiten müssen. Allein, bis auf ein paar Papiere in Strategierunden und vorsichtiges Abtasten der Möglichkeiten in den Klausuren der Sicherheitspolitiker, geschieht – nichts. Dabei wäre Deutschland wie kaum ein anderes Land in Europa von einer Wiederkehr Trumps betroffen.
Eine erneute Trump-Präsidentschaft würde die Nato schwächen – oder sogar ihr Ende bedeuten
Man muss sich nur Trumps erste Amtszeit ansehen, um zu erahnen, was von einem in den vergangenen vier Jahren weiter radikalisierten Präsidenten zu erwarten wäre. Trump 2, das würde die Schwächung der Nato bedeuten, wenn nicht gar das Ende des Verteidigungsbündnisses – mit der Folge, dass die Europäer dann allein für ihre Sicherheit sorgen müssen. Nur: Wer nimmt die Bundeswehr derzeit als Abschreckung ernst? Die Konflikte in der Weltwirtschaft würden größer, auch weil sich Trump nicht um Regeln schert, sondern dem Lebensmotto des amerikanischen Immobilienhändlers folgend überall den eigenen Vorteil suchen wird – und das ist das Letzte, was die ohnehin schwächelnde, vom Export abhängige deutsche Wirtschaft braucht.
Eine Rückkehr Trumps an die Macht würde für Deutschland große Unsicherheit bedeuten, und, auch das ist wahr, sie würde sehr, sehr teuer. Neue Ausgaben für die Bundeswehr (Reicht das bislang ohnehin nicht erreichte „Zwei-Prozent-Ziel“ der Nato?), mehr Unterstützung für die Ukraine, stärkere Konkurrenz und auch Chaos auf den Weltmärkten… Die Folgen von Trump 2 wären endlos – und allesamt nicht gut.
Das Wahlergebnis von Iowa ist ein erster, lauter Weckruf an Politik und Gesellschaft: Deutschland muss sich krisensicher machen. So verständlich die Forderungen von Bauern, Spediteuren und Lokführern derzeit sind, und so sehr man auf der anderen Seite die Schuldenbremse und ihre disziplinierende Wirkung auf die Staatsausgaben verteidigen kann – Politik und Bürger müssen jetzt die Verständigung suchen, statt weitere Konfrontation – denn ab Herbst drohen ganz andere Konflikte.