Die Stimmen im Washingtoner Senatssaal waren kaum ausgezählt, als der Trump-Clan im fernen Florida den mutmaßlichen Sieg feierte. "2:0" twitterte Sohn Eric in Vertretung des Patriarchen, der von dem Kurznachrichtendienst verbannt ist, triumphierend in Fußballersprache.
Tatsächlich ist kein Präsident der USA zuvor zweimal in einem Amtsenthebungsverfahren vor dem Kongress angeklagt und zweimal freigesprochen worden. Allerdings hat auch nie ein Präsident bei der Impeachment-Abstimmung so viele Misstrauensstimmen aus dem eigenen Lager erhalten. Und nie zuvor hat ein republikanischer Fraktionschef anschließend eine Viertelstunde lang derart vernichtend mit dem "schändlichen" Verhalten des eigenen Ex-Regierungschefs abgerechnet und diesen "praktisch und moralisch" für einen Putschversuch verantwortlich gemacht.
Es lohnt also ein genauerer Blick auf den Ausgang des Impeachment-Prozesses. Dass die erforderliche Zweidrittelmehrheit zur nachträglichen Sanktionierung von Donald Trump kaum zustande kommen würde, konnte keinen Beobachter des politischen Geschehens in Washington ernsthaft überraschen. Zu stark ist die Bindung vieler Senatoren an den Rechtspopulisten, zu groß die Angst, von der Trump-treuen Basis bei der nächsten Wahl abgestraft zu werden.
45 der 50 Republikaner in der zweiten Kammer hatten vor einer Woche grundsätzlich gegen die Aufnahme des Verfahrens gestimmt. Insofern ist es eher eine Überraschung, dass am Ende doch sieben von ihnen zusammen mit den 50 Demokraten für einen Schuldspruch plädierten. Für dessen Annahme aber wären 67 Stimmen erforderlich gewesen.
Impeachment gegen Donald Trump: Eindrucksvolle Arbeit der Demokraten in den USA
Angesichts der schwierigen Mehrheitsverhältnisse war der Prozess von Anfang an nicht darauf ausgerichtet, die republikanischen Senatoren zu überzeugen. Vielmehr richtete sich das Verfahren an die amerikanische Fernsehöffentlichkeit, der die Dimension des blutigen Sturms auf das Kapitol vom 6. Januar und die Verantwortung Trumps dafür plastisch vor Augen geführt werden sollte.
Hier haben die demokratischen Ankläger eindrucksvolle Arbeit geleistet. Ihre präzise Dokumentation legte schonungslos offen, wie Trump seine Anhänger von der Verschwörungslegende einer gestohlenen Wahl bis zur wütenden Aufforderung zum Protest bewusst aufhetzte und radikalisierte. Die verstörenden Bilder von brutalen Gewalttätern, die mit Trump-Fahnen gewaltsam in die Herzkammer der Demokratie eindringen, dort mit Knüppeln Polizisten halbtot schlagen und im Blutrausch nach dem Vizepräsidenten fahnden, entlarven die rechte Erzählung von der patriotischen "Law and Order"-Bewegung endgültig als Lüge.
Vor einem amerikanischen Strafgericht hätte das angesichts der sehr liberalen Redefreiheit vielleicht nicht für eine Verurteilung des Demagogen ausgereicht. Doch das Impeachment ist ein politischer Prozess, mit dem schwere Amtsvergehen geahndet werden. Dass Trump seine Aufgaben als Staatschef verriet, als er offen zum Aufruhr aufrief ("Kämpft wie der Teufel!") und stundenlang keine Hilfe schickte, während die Volksvertreter hinter den verrammelten Türen ihrer Büros um ihr Leben fürchteten, ist in der vergangenen Wochen zumindest für die Geschichtsbücher mehr als deutlich geworden.
Es war gut, dass Amtsenthebungsverfahren gegen Trump nicht in die Länge zu ziehen
Den harten Kern der Trump-Anhänger, die sich längst in einem Paralleluniversum von rechten Konspirationserzählungen und sektenhaften Wahnvorstellungen bewegen, wird das trotzdem nicht überzeugen. Diese Gruppe aber, das zeigt das Abstimmungsergebnis, hat die republikanische Partei unverändert fest im Klammergriff. Machtpolitiker wie Fraktionschef Mitch McConnell, die glaubten, mit Trump einen Teufelspakt für niedrige Steuern und rechte Richter schließen zu können, haben sich fatal verzockt. Der Geist des Trumpismus lässt sich nicht mehr zurück in die Flasche drängen. So gab McConnell ein erbärmliches Bild ab, als er den Aufrührer Trump zwar scharf verurteilte, sich aber nicht traute, für einen Schuldspruch zu stimmen.
Andere Republikaner sind mutiger. Sieben von ihnen haben sich im Senat allen teilweise handfesten Drohungen zum Trotz offen gegen Trump gestellt. Im Repräsentantenhaus kämpft die Fraktionsgeschäftsführerin Liz Cheney mutig für einen traditionellen konservativen Kurs. Derzeit kann man nicht absehen, in welche Richtung sich die Partei entwickeln wird. Klar ist nur, dass die einstmals stolze GOP als konstruktive Kraft auf absehbare Zeit ausfällt.
Die Demokraten haben daher gut daran getan, keine Zeugen vorzuladen und den Prozess nicht in die Länge zu ziehen. Am Ergebnis hätte das nichts geändert. Doch es hätte die Gesetzgebung im Senat über Wochen lahmgelegt. Gutes Regieren mit konkreten Politikangeboten, wie es Joe Biden gerade mit seinem Corona-Hilfspaket unaufgeregt versucht, ist aber die einzige Chance, die Polarisierung im Land aufzubrechen. Man kann nur hoffen, dass es dem neuen Präsidenten damit gelingt, einen Teil der Wähler zurückzugewinnen, die den giftigen Verlockungen des Trump-Populismus erlegen sind.
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