Streit um Atomkraft: Was die Grünen von Angela Merkel lernen könnten
Sind die Grünen eine Umfaller-Partei, wenn sie ihren Widerstand aufgeben und die Atomkraftwerke weiter laufen lassen? Vielleicht sollten sie mal unter "Angela Merkel" nachschlagen.
Angela Merkel hat ihre Politik einmal so beschrieben: „Wir prüfen alte Antworten und geben neue.“ Pragmatisch? Beliebig? Oder anders gefragt: Ist eine Partei, die zu ihren Grundsätzen steht, standhaft oder ideologisch verbohrt? In der Politik werden solche Fragen selten gerecht beantwortet. Das erleben auch die Grünen gerade.
Nicht mehr alle Grünen würden auf einen Erfolg von Robert Habeck wetten
Noch versucht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, irgendwie so viel Energie für den Winter zusammenzukratzen, dass er die Atomkraft nicht mehr braucht, um das Land am Laufen zu halten. Aber selbst im eigenen grünen Lager würden nicht mehr alle darauf wetten, dass er es schafft. Mit jedem Tag wächst der Druck, den Widerstand gegen eine Laufzeitverlängerung aufzugeben, auch wenn das gegen grüne Überzeugungen spricht.
Wir prüfen alte Antworten und geben neue, könnte Habeck nun also sagen – und damit ins Risiko gehen. Denn genau jene, die ihn jetzt noch dazu drängen, würden ihn später mit hoher Wahrscheinlichkeit als Umfaller bezeichnen. Ist das gerecht? Natürlich nicht. Kann es die Grünen Stimmen kosten? Möglich. Vielleicht aber auch nicht.
Man sollte die Wählerinnen und Wähler nicht unterschätzen
Die meisten Wählerinnen und Wähler können durchaus unterscheiden, ob Politiker eigene Überzeugungen zurückstellen, weil sie in der Abwägung der Risiken keine andere, keine bessere Lösung sehen, oder nur, um billige Punkte zu machen. Nicht jede Korrektur einer eigenen Haltung ist automatisch eine Niederlage oder ein Scheitern. Angela Merkel war auch deshalb 16 Jahre Bundeskanzlerin, weil sie eigene Positionen überprüft und notfalls revidiert war. Dass ihre neuen Antworten nicht immer richtig blieben, wie die Energiekrise und die fatale Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas aktuell zeigen, steht auf einem anderen Blatt.
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Werter Herr Stifter,
Ihr Kommentar ist doch auch nur ein unsägliches Geschwurbel, um letztendlich nur einer Verlängerung der Laufzeiten von drei
AKW´s das Wort zu reden (schreiben). Hier hätte ich mir einer differenziertere Betrachtung der ganzen Problematik erwartet.
Aber "Mutti" Merkel ist wohl auch noch in vielen Köpfen der Journalisten einfach drinnen. Bei ihr
schienen wir wohl bestens aufgehoben,
oder?
Das Thema Atomkraft wird im Moment wie ein Ball hin und hergespielt. Angela Merkel hat uns mit der Rückkehr zur Atomkraft viel Zeit und mit ihrem Umdenken weg von der Atomkraft viel Geld gekostet. Statt sich in ziemlich undifferenzierten Kommentaren zu ergehen, wäre es eine echte Aufgabe Ihrer Zeitung, einmal darzulegen, wieviel welches AKW Strom liefert und wozu der Strom verwendet wird. Nur dann wird der Bürger entscheiden können, ob die Kernkraft eine Möglichkeit der Energiesicherung darstellt oder nicht. Alles andere ist Wischiwaschi. Recherche und Informationsübermittlung sollte das oberste Ziel des Journalismus sein – in der AZ wird leider oft nur oberflächlich informiert – mit Experten, von denen man weiß, wie sie ticken. Ein fundiertes Abwägen beider Seiten würde ich als erfrischende Objektivität bezeichnen.