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Kommentar: Strafzölle auf chinesische E-Autos wären ein Eigentor

Kommentar

Strafzölle auf chinesische E-Autos wären ein Eigentor

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    Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns stehen im Hafen von Emden zur Verschiffung bereit.
    Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns stehen im Hafen von Emden zur Verschiffung bereit. Foto: Jörg Sarbach/dpa

    Wenn EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen droht, Schutzzölle gegen günstige chinesische Elektroautos zu verhängen, tut sie dem Gros der deutschen Autoindustrie alles andere als einen Gefallen. Sie bedroht vielmehr deren ureigene Wettbewerbschancen. Allein die Ankündigung, zu untersuchen, ob China seine Autoindustrie wettbewerbswidrig subventioniert, um gegebenenfalls protektionistische Maßnahmen zu verhängen, hat viel Porzellan zerschlagen. Dass Peking natürlich Strafzölle auf in China hergestellte Autos mit gleicher Münze zurückzahlen würde, was gerade hochpreisige deutsche Top-Produkte träfe, ist nur ein Teil der Gefahr. Viel gravierender wären Maßnahmen, die sich die herrschenden Wirtschaftslenker ausdenken könnten, um es den von deutschen Marken in China für den dortigen Markt produzierten Volumenmodellen schwer zu machen. Die Zeiten, in denen die chinesische Autoindustrie auf deutsches Know-how angewiesen war, sind nämlich längst vorbei.

    Sprinter an der Steckdose: Das chinesische  Oberklasse-SUV G9 von Xpeng drängt nun auch auf den deutschen Markt.
    Sprinter an der Steckdose: Das chinesische Oberklasse-SUV G9 von Xpeng drängt nun auch auf den deutschen Markt. Foto: Xpeng/dpa-tmn

    Was die Auto-Geschichte lehrt

    Brüssel kann und muss die Rahmenbedingungen für die europäische Autoindustrie möglichst vorteilhaft gestalten, so wie es China für seine auch tut. Doch schlecht gezielte Schüsse gegen unliebsame Konkurrenz sollten die EU-Strategen tunlichst unterlassen, weil die gern nach hinten losgehen. Dass etwa seit Jahren auf dem riesigen US-amerikanischen Automarkt japanische Modelle so beliebt sind, liegt letztlich daran, dass Washington einst heimischen Herstellern das Geschäft mit ihren spritsaufenden Straßenkreuzern retten wollte.

    Doch die Japaner wurden unter dem Druck einer langen Reihe von Schikanen technisch immer besser, entwickelten effizientere Produktionsmethoden und passten das Angebot dem Kundengeschmack konsequent an. Das Thema Einfuhrsteuern rückte bald in den Hintergrund, denn die Nippon-Konzerne bauten einfach eigene Fabriken in den USA. Heute steht das größte Werk des Toyota-Konzerns in Kentucky. 

    Ola Källenius, Vorsitzender des Vorstands der Mercedes-Benz Group AG, stellt auf der Automesse in Shanghai mit dem Mercedes-Maybach EQS SUV das erste vollelektrische Fahrzeug der Luxusmarke Maybach vor.
    Ola Källenius, Vorsitzender des Vorstands der Mercedes-Benz Group AG, stellt auf der Automesse in Shanghai mit dem Mercedes-Maybach EQS SUV das erste vollelektrische Fahrzeug der Luxusmarke Maybach vor. Foto: Mercedes-Benz Group AG, dpa

    Den US-amerikanischen Autos taten trügerischer Schutz und fehlender Innovationsdruck nicht gut, sie wurden zu rollenden Dinosauriern, Ladenhüter in der Heimat, international fast ohne Bedeutung. Bis Visionär Elon Musk mit innovativen Elektroflitzern auf die Bühne trat und den Weltmarkt aufrollte. Seine Teslas produziert er nun auch in Deutschland. Hier trifft er auf eine Autoindustrie, die wie seinerzeit die amerikanische träge geworden ist. Den Trend zum Elektroauto hat sie nicht nur verschlafen, sondern sogar bewusst torpediert, um ihr profitables Geschäft mit der Verbrenner-Technik möglichst lange zu erhalten. Dass ausländische Hersteller - längst nicht nur aus China - gerade in preiswerteren Segmenten stark geworden sind, liegt vor allem daran, dass vergleichbare einheimische Angebote schlichtweg fehlen. 

    Mitarbeiter montieren im Werk der Volkswagen AG in Anting bei Shanghai einen VW Tiguan.
    Mitarbeiter montieren im Werk der Volkswagen AG in Anting bei Shanghai einen VW Tiguan. Foto: Ole Spata/dpa

    Die Antwort muss auf dem Fließband erfolgen

    Wollen die deutschen Hersteller im internationalen Wettbewerb bestehen, müssen sie sich auf alte Stärken besinnen. Der günstige Käfer begeisterte Arbeiter genau wie US-Studenten, den VW-Bus liebten Handwerker wie Hippies. Die Kurven eines Porsche 911, der Luxus einer Mercedes S-Klasse oder die Fahrdynamik eines BMW faszinieren Menschen auf der ganzen Welt. All das gilt es nun klimafreundlich neu auszubuchstabieren. Als Anfang der 1970 er Jahre die Hondas, Datsuns oder Toyotas auf den deutschen Markt rollten, wurden sie von den Platzhirschen zunächst belächelt. Dann nahmen die Deutschen die Herausforderung an. So wie damals schicken sie sich jetzt wieder an, den Rückstand bei den Stromern aufzuholen. Auch der Haupttreiber der unseligen Schutzzoll-Debatte, der mächtige Stellantis-Konzern mit den Marken Opel, Peugeot und Fiat, sollte die Antwort auf die China-Konkurrenz besser auf seinen Fließbändern liefern.

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