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Kommentar: Strafgerichtshof statt Sondertribunal: Wie man Putin den Prozess machen sollte

Kommentar

Strafgerichtshof statt Sondertribunal: Wie man Putin den Prozess machen sollte

Stefan Lange
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    Angesichts der Kriegsverbrechen im Ukraine-Krieg fordern viele, dass Russlands Präsident Wladimir Putin sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verantworten muss.
    Angesichts der Kriegsverbrechen im Ukraine-Krieg fordern viele, dass Russlands Präsident Wladimir Putin sich vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verantworten muss. Foto: Peter Dejong, AP/dpa

    Die Bilder vom Krieg in der Ukraine machen nicht nur fassungslos, sondern auch wütend. Da sitzt ein einsamer Mann im Kreml und ordnet die Tötung von Menschen, die Zerstörung von Häusern und die Deportation von Kindern an. Wie kann das sein – und wird Wladimir Putin jemals einer gerechten Strafe zugeführt? Seit Kriegsausbruch versuchen sich Juristinnen und Diplomaten an einer Antwort. Mittlerweile kristallisieren sich zwei Ansätze heraus, von denen aber lediglich einer überzeugt. 

    Die erste Adresse wäre der Internationale Strafgerichtshof. Russland hat sich der Behörde zwar nicht angeschlossen, kann aber trotzdem angeklagt werden. Die Ermittlungen laufen bereits. Der IStGH kann gegen Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgehen. Wenn es jedoch um die Planung, Vorbereitung und Ausführung des Krieges geht, also um sogenannte Aggressionsverbrechen, stößt die auf dem Römischen Statut fußende Institution an juristische Grenzen. Ein Verfahren würde sich über Jahre hinziehen. 

    Der Wunsch nach schneller Vergeltung

    Als Alternative wird deshalb die Einrichtung eines Sondertribunals diskutiert. Es könnte auf ukrainischem Recht aufsetzen und wäre damit unkomplizierter zu handhaben als ein Verfahren vor dem IStGH. So jedenfalls die Hoffnung der Befürworterinnen und Befürworter, zu denen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gehört. Es würde dies dem Wunsch nach einer schnellen Bestrafung russischer Kriegsverbrecher zwar näher kommen, wäre aber trotzdem nur die zweitbeste Lösung. 

    So könnten die Spitzenleute der russischen Regierung vor einem solchen Tribunal nach geltendem ukrainischen Recht gar nicht angeklagt werden. Putin und seine engsten Vasallen – allen voran Ministerpräsident Michail Mischustin und Außenminister Sergej Lawrow – genießen grundsätzlich Immunität. 

    Feuerwehrleute des staatlichen ukrainischen Katastrophenschutzes löschen ein Feuer, das nach Beschuss eines Industriegebiets in Cherson ausgebrochen ist.
    Feuerwehrleute des staatlichen ukrainischen Katastrophenschutzes löschen ein Feuer, das nach Beschuss eines Industriegebiets in Cherson ausgebrochen ist. Foto: Libkos, AP/dpa

    Außerdem geht es bei der Frage nach einer Bestrafung der Verantwortlichen für den Ukraine-Krieg längst nicht nur um die Toten und Fragen der Entschädigung. Die Kriegsmacht USA etwa stemmt sich gegen den Internationalen Strafgerichtshof aus der Angst heraus, dass sie dort einst selbst angeklagt wird. Washington favorisiert deshalb ein hybrides Sondertribunal und würde dessen Existenz wiederum für seinen Feldzug gegen den IStGH nutzen. Denn warum einen Gerichtshof aufbauen, wenn es doch kleinere Lösungen gibt? Viele Staaten blicken zudem anders auf den Ukraine-Krieg als die Europäer, sei es aus Überzeugung oder wegen einer Abhängigkeit von Moskau. Sie lehnen ein Verfahren vor dem IStGH ab, weil sie eine Verurteilung Putins befürchten. 

    Der Internationale Strafgerichtshof muss gestärkt werden

    Auch wenn es angesichts der nahen Kriegsgräuel schwerfällt, wäre die europäische Politik mit einer Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofes besser beraten als mit einem Sondertribunal. Der IStGH muss ein juristisch scharfes Schwert werden, das Kriegstreiber fürchten. Nur so gibt es Hoffnung, dass Putin und andere einst von ihrem Tun lassen. Mit juristischen Zwischenlösungen, deren Erfolg zudem unsicher ist, gelingt das nicht. Sie schwächen die Vision von einer mächtigen Weltjustiz, die die Schwachen vor den Mächtigen schützt. 

    Kriegsverbrecher wie der russische Präsident kommen überdies jetzt schon nicht ungeschoren davon. Mehr als ein Dutzend Länder, darunter Deutschland, wenden das Weltrechtsprinzip an. Sie dürfen demnach Völkerstraftaten anklagen, obwohl diese nicht auf ihrem Hoheitsgebiet begangen wurden. Bereits die Aufnahme von Ermittlungen zeigt der Welt, dass hier einer schlimme Verbrechen begeht. Putin muss Haftbefehle und die Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit fürchten. Es wird der Boden dafür bereitet, dass er einst tatsächlich vor Gericht steht und verurteilt wird. 

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