Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel. Mit ihrer Forderung, den Fall Maaßen neu zu verhandeln, spricht Andrea Nahles zwar vielen Genossen aus der Seele. Das desolate Bild, das die Koalition seit Tagen abgibt, kann die SPD-Chefin damit aber nicht übertünchen.
So schnell die Union jetzt ihre Bereitschaft zu Gesprächen signalisiert hat, so gefährlich ist die Lage für die Koalition insgesamt und für Andrea Nahles persönlich. Sollte sie CDU und CSU keine andere Lösung abringen können, bleiben ihr nur zwei Möglichkeiten: das Bündnis aufzukündigen oder als Partei- und Fraktionschefin zurückzutreten.
Nahles hat aus einer Personalfrage eine Existenzfrage gemacht
Willkommen im Tollhaus Berlin. Wenn Politik die Kunst des Möglichen ist, dann hat die SPD-Frau gerade das Unmögliche geschafft: Im Glauben, ihre Partei werde ihr den Maaßen-Kompromiss schon abnehmen, hat sie eine nachrangige Personalfrage zu einer politischen Existenzfrage gemacht. Nun versucht sie in ihrer Not, etwas Druck aus dem SPD-Kessel zu nehmen. Ausgang ungewiss.
In ihrer Partei dürften sich sich viele Genossen gerade an einen Satz von Franz Müntefering erinnern, als der nach einer verlorenen Wahl Auskunft über das strategische Geschick der damaligen Generalsekretärin Nahles geben sollte: Ihm stünden, sagte Müntefering da, die Haare zu Berge.