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Kommentar: So wird es nichts mit der Grundrente

Kommentar

So wird es nichts mit der Grundrente

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    Lange gearbeitet und dann im Alter trotzdem nur eine Minirente? Die Grundrente soll das ändern.
    Lange gearbeitet und dann im Alter trotzdem nur eine Minirente? Die Grundrente soll das ändern. Foto: Ralf Hirschberger, dpa

    Diese Entscheidung verträgt keinen Aufschub, rein technisch betrachtet. Wenn die Bundesregierung rechtzeitig vor den nächsten Wahlen die Grundrente installieren will, um sich damit zu schmücken, müssen sich Befürworter und Skeptiker in der schwarz-roten Koalition schnell einig werden. Darüber, wer sie bekommen, wie sie funktionieren und wie sie bezahlt werden soll.

    Es geht ja darum, Menschen, die „ein Leben lang“ bei geringer Bezahlung gearbeitet haben, eine Rente zu gewähren, die sich von der Versorgung derer abhebt, die nicht oder wenig gearbeitet haben. Ihnen soll der Bittstellergang zu den Sozialbehörden erspart werden. Eine frühere Sozialministerin nannte dies „Respektrente.

    Anspruch auf Grundrente muss geprüft werden

    Doch so einfach ist das nicht. Die Grundrente, wenn sie denn kommt, ist und bleibt eine Sozialleistung für Bedürftige, für Menschen also, die in ihrem Arbeitsleben nicht genug vorsorgen konnten. Weil sie zu wenig verdient haben, weil sie arbeitslos oder krank waren, weil sie vielleicht nicht wissen wollten, dass die Rente ein ständiges Geben und Nehmen ist. Vereinfacht ausgedrückt: Nur wer einzahlt, bekommt was, und wer wenig einzahlt, bekommt auch wenig.

    Am Ende mancher Erwerbsbiografie kommt trotz 35 und mehr Beschäftigungsjahren eine Rente heraus, die unterhalb dessen liegt, was der Staat seinen Ärmsten als Grundsicherung gewährt. Diese Ungerechtigkeit soll die Grundrente beseitigen. Aber wie ungerecht ist es wirklich? Würden nur die Bedürftigen profitieren? Es gibt daneben auch die anderen bewusst gewählten Lebensentwürfe, in denen der Aufbau einer auskömmlichen gesetzlichen Altersvorsorge eine untergeordnete Rolle spielt. Zum Beispiel, weil sie genug Geld haben, weil das Einkommen des Partners oder der Partnerin für beide reicht, weil sie über Zins-, Miet- oder Pachteinnahmen verfügen. Deshalb muss der Anspruch auf Grundrente geprüft werden.

    Grundrente: Bundesregierung plant bürokratisches Monster

    Doch wer soll das machen? Das Sozialamt? Es hat mit der Rente nichts zu tun. Die Rentenversicherung? Der soziale Ausgleich gehört bisher nicht zu ihren Grundkompetenzen, sie hat auch nicht das nötige Personal. Der mühsam geschmiedete Kompromiss von Union und SPD nimmt sie dennoch in die Pflicht, vielleicht nicht wahrhaben wollend, welche Mammutaufgabe ihr da zugemutet wird. Die Rentenversicherung muss verwaltungstechnisch bei null anfangen. Sie weiß zwar, welche Rentenansprüche wir im Laufe der Zeit erworben haben. Aber nicht, wovon wir wirklich leben. Doch genau das muss nun in jedem einzelnen Grundrenten-Fall geprüft werden. Hier trifft es die Finanzämter, die im Prinzip wissen sollten, was wir einnehmen und deshalb versteuern müssen. Doch wer darf wie auf deren sehr persönliche Daten zurückgreifen? Es gibt auch noch so etwas wie ein Steuergeheimnis.

    Die Bundesregierung plant um der Gerechtigkeit willen ein kostenträchtiges bürokratisches Monster. Keiner weiß, woher die Leute kommen sollen, die es in der kurzen Zeit in die Tat umsetzen. Die Warnungen der Profis bei der Rentenversicherung sollten ernst genommen werden. Sie sehen nicht nur das organisatorische und personelle Problem, sondern auch die damit verbundenen überproportionalen Verwaltungskosten. Von einem Viertel dessen, was als zusätzliche Rente an die „Grundrentner“ ausbezahlt wird, gehen sie aus. Ansonsten kommt sie mit 0,8 Prozent aus.

    Die Grundrente droht so trotz langer Vorlaufzeit zum teuren politischen Schnellschuss zu werden – gut gemeint, aber schlecht gemacht. Gut, dass in der Koalition gestritten wird und sie noch nicht endgültig beschlossen ist.

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