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Kommentar: So tief steckt Deutschland in der Energie-Falle

Kommentar

So tief steckt Deutschland in der Energie-Falle

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    Eine Gasflamme im Sichtfenster eines Gas-Durchlauferhitzers. Verbraucherschützer rechnen mit weiter steigenden Gaspreisen.
    Eine Gasflamme im Sichtfenster eines Gas-Durchlauferhitzers. Verbraucherschützer rechnen mit weiter steigenden Gaspreisen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Genüsslich demütigt der russische Despot Wladimir Putin die Bundesregierung, dafür muss er nur etwas am Gashahn spielen. Ab diesem Montag wird nichts mehr durch die Pipeline Nord Stream 1 gepumpt, offiziell wegen der jährlichen Wartungsarbeiten. Doch die Furcht ist groß, dass der Kreml die Lieferungen nicht nur vorübergehend, sondern gleich ganz einstellt: als Demonstration seiner Macht und um Berlin vorzuführen. Leidtragende wären dann die Menschen in Deutschland, denen droht, was für die jüngeren Generationen völlig unvorstellbar schien: im Winter zu frieren. Der Städte- und Gemeindebund denkt schon über die Einrichtung öffentlicher Wärmestuben nach. Bürger, die auf Energie-Almosen angewiesen sind – die Szenarien sind leider alles andere als überzogen.

    Ganz einfach könnte Putin jetzt die Strategie von Energieminister Robert Habeck platzen lassen, die Gasspeicher während des Sommers für den Winter möglichst gut zu füllen, um damit Zeit zu gewinnen, andere Quellen für Strom und Wärme zu erschließen. Statt, wie es angesichts des ungeheuren Leids, das der völkerrechtswidrige russische Angriff über die Menschen in der Ukraine bringt, geboten wäre, auf russische Gaslieferungen zu verzichten, muss die Bundesregierung nun um sie betteln.

    Putin kann sich aussuchen, wem er Gas und Öl verkauft

    Schon durch seine Einschränkung der Liefermengen hat Putin Deutschland seine Abhängigkeit drastisch vorgeführt. Stoppte er den Fluss ganz, fadenscheinige Begründungen würden sich sicher finden – die Katastrophe wäre perfekt. Unter tätiger Mithilfe früherer Bundesregierungen verschärfte sich die Abhängigkeit von Putins Tropf immer mehr. Kohle- und Atomausstieg wurden beschlossen, ohne dass dafür gesorgt wurde, dass genügend Energie aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung steht.

    Dank der Abermilliarden Euro, die deutsche Kunden seit Jahrzehnten zuverlässig für Gas, Öl und Kohle überweisen, ist die russische Kriegskasse prall gefüllt. Während Putin sich inzwischen aussuchen kann, wem er seine fossilen Brennstoffe verkauft, hat Deutschland keine Wahl. Kommt kein Gas mehr aus dem Osten, bleiben im Winter deutsche Heizungen kalt. Der Wirtschaft drohen ungeheure Produktionsausfälle, die zur Massenarbeitslosigkeit führen könnten. Dem Staat bleiben kurzfristig wenige Optionen. Er kann Sparanreize schaffen, Klimaschutz auf später verschieben, strauchelnde Energieriesen stützen und versuchen, die Folgen mit weiteren Finanzhilfen einigermaßen erträglich zu halten. Übertreibt er dabei, steigt die Inflation noch weiter.

    Möglichst viele Bürger sollten selbst Energieerzeuger werden

    Es geht in den kommenden Wintermonaten buchstäblich um Wohl oder Wehe des deutschen Gemeinwesens. Dessen Stärke wird sich daran zeigen, wie gut es auch die schwächsten seiner Mitglieder über den kommenden Winter bringt, der im günstigsten Fall "nur" von gewaltigen Energiepreissteigerungen geprägt sein wird. Im schlechtesten Fall aber, das haben viele immer noch nicht begriffen, wird gar kein Gas mehr verfügbar sein, auch nicht für viel Geld.

    Langfristig muss jede derartige Abhängigkeit ausgeschlossen werden. Die Energielandschaft der Zukunft darf keine Monokultur mehr sein, in der Despoten und wenige, von ihnen abhängige Konzerne das Sagen haben. Ob mit dem eigenen Solardach oder durch die Beteiligung an einer Windkraftgenossenschaft oder einer mit Holzabfällen befeuerten Blockheizkraft: Möglichst viele Bürger sollten nicht Almosenempfänger, sondern selbst Energieerzeuger sein. Dafür muss der Staat jetzt die Weichen stellen.

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