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Kommentar: Scholz' Taurus-Absage schadet der Ukraine

Kommentar

Scholz' Taurus-Absage schadet der Ukraine

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    Taurus-Marschflugkörper der Bundeswehr könnten der Ukraine gegen die russischen Angreifer helfen.
    Taurus-Marschflugkörper der Bundeswehr könnten der Ukraine gegen die russischen Angreifer helfen. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Olaf Scholz bleibt sich treu – zumindest, was das Zaudern und Zögern betrifft. Durch seine Weigerung, die Ukraine mit deutschen Taurus-Raketen zu unterstützen, wird der Bundeskanzler wieder einmal zum Bremser im Kampf gegen die brutale russische Aggression. Doch gerade in einer Zeit, in der die Schutzmacht USA mit innenpolitischem Zank beschäftigt ist, sollte er Führungsstärke zeigen. Großbritannien und Frankreich liefern vergleichbare Raketen an die Ukraine. Wäre Deutschland ihrem Beispiel gefolgt, hätte dies ein starkes Zeichen gesetzt, dass die Europäer willens und in der Lage sind, sich gemeinsam stärker um die Sicherheit vor ihrer Haustür zu kümmern.

    Deutschland darf sich nicht verstecken hinter den USA verstecken

    Dass die Zeiten vorbei sind, in denen es sich bequem unter dem militärischen Schutzschirm der Vereinigten Staaten von Amerika leben lässt, ist seit Langem klar. Zwar will Washington trotz eines lähmenden Haushaltsstreits im Repräsentantenhaus die Ukraine weiter nach Kräften unterstützen, doch die aktuellen Querelen sollten der deutschen Politik durchaus eine Warnung sein: Das gewaltige militärisch-sicherheitspolitische Engagement der USA in Europa ist nicht in Granit gemeißelt wie die berühmten Präsidentenköpfe am Mount Rushmore. Sollte Donald Trump ein zweites Mal ins Weiße Haus einziehen, könnte die ganze komplizierte und ohnehin schon wackelige weltweite Sicherheitsarchitektur zusammenbrechen. Schon jetzt sehen viele maßgebliche US-

    Gerade für Olaf Scholz bedeutet das, dass er sich nicht länger hinter dem großen amerikanischen Verbündeten verstecken darf. Ja, Deutschland hat nach den USA bisher am meisten für die Unterstützung der Ukraine getan. Genau das darf aber vom wirtschaftlich stärksten europäischen Staat auch erwartet werden. Umso trauriger ist es, dass vor allem Scholz dabei immer wirkt, als wolle er in Wirklichkeit gar nicht, dass die Ukraine diesen Krieg, den Russland ihm aufgezwungen hat, am Ende auch gewinnt. Ja, angesichts der historischen Schuld des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion sollte sich Berlin mit kriegerischer Rhetorik gegenüber Moskau zurückhalten. Gleichzeitig ergibt sich aus der Geschichte auch eine besondere Verantwortung für die Ukrainer, die unter Hitlers Feldzug extrem zu leiden hatten. Zusammen mit den europäischen Partnern, zuvorderst den Atommächten Großbritannien und Frankreich, sollte Deutschland also dem Diktator im Kreml entschlossen die Stirn bieten.

    Die Ukraine verliert unterdessen wertvolle Zeit

    Scholz verweist bei seinen Bremsmanövern oft auf Grenzen, deren Überschreiten, so wird raunend angedeutet, zu einem russischen Schlag gegen Deutschland führen würde. In der aktuellen Taurus-Diskussion ist mit den roten Linien erstens die Möglichkeit, dass mit den deutschen Raketen auch Ziele auf russischem Gebiet angegriffen werden könnten. Sollte Berlin den wiederholten Zusagen Kiews, das zu unterlassen, wirklich nicht trauen, könnten die Raketen in ihrer Reichweite technisch begrenzt werden.

    Zweitens, so heißt es in Regierungskreisen, wäre deutsches Personal vor Ort nötig, um die Raketen zu programmieren, was die Bundesrepublik zur Kriegspartei machen würde. Auch dieses Argument zieht nicht recht. Ein Waffensystem mit Geodaten von Angriffszielen zu füttern, das dürfte den Ukrainern auch selbst gelingen. Bei früheren Waffen-Diskussionen hat Scholz seine eigenen Bedenken dann meist doch noch überwunden und natürlich könnte es sein, dass das auch bei den Taurus-Raketen so läuft. Doch unterdessen verliert die Ukraine wertvolle Zeit in einem Krieg, in dem die Uhr für Putin mit seinen ungleich größeren Ressourcen tickt. 

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