Genug der Rede, der Kanzler hat entschieden. Olaf Scholz spricht im regierungsinternen Krach um die Kernkraftwerke ein Machtwort. Sowohl FDP als auch Grüne müssen nun einen Teil ihrer Positionen räumen.
Für die Grünen ist es schmerzhafter, hatte doch der Parteitag erst am Wochenende festgelegt, dass nur zwei der drei verbliebenen Meiler bis Frühjahr nächsten Jahres weiterlaufen. Jetzt sind es alle drei. Wirtschaftsminister Robert Habeck muss seinem Lager nun verkaufen, dass der frische Beschluss des Parteitages gebrochen wird.
Dass es deshalb zu Aufständen bei den Grünen kommt, ist dennoch unwahrscheinlich. Denn erstens präsentierten sie sich bei ihrem Treffen sehr pragmatisch und feierten sich für die eigene Lust am Regieren. Und zweitens geht es nur um wenige Monate. Die Atomuhr tickt ab. Die FDP hat mit ihrer Hauruck-Aktion einen kleinen Erfolg errungen, muss aber vom Weiterbetrieb der AKWs bis 2024 Abschied nehmen. Ob die härtere Gangart dazu führt, dass die Liberalen in den Umfragen steigen, ist jedoch fraglich. Das Konzept Opposition in der Regierung funktioniert in Deutschland nicht.
Das Machtwort von Scholz ist ein schlechtes Zeichen für den Zustand der Ampel
Dass der Kanzler überhaupt ein Basta braucht, um eine strittige Frage abzuräumen, ist ein schlechtes Zeichen für den Zustand seines Bündnisses. Nach nicht einmal einem Jahr ist die Aufbruchskoalition aufgebraucht. Die Stimmung in der Ampel ist nicht mehr weit von der Miesepeterei der Großen Koalition entfernt. Dabei wollten es SPD, Grüne und FDP anders machen, einen neuen Stil des Miteinanders pflegen. Unter dem gewaltigen Druck des Epochenbruchs Ukraine-Krieg ist es wahrscheinlich normal, dass in einer Regierung Reibung entsteht. Besser wäre natürlich, die Koalition packt die großen Aufgaben in Eintracht an, wie es Olaf Scholz mit seiner Aufforderung nach dem Unterhaken aller Deutschen beschwört. Doch derzeit gelingt ihm das nicht einmal in seinem Kabinett, obwohl die Bedrohung von außen enorm ist.