Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Scholz darf nicht mit leeren Händen nach Kiew reisen

Kommentar

Scholz darf nicht mit leeren Händen nach Kiew reisen

    • |
    Scholz – der Zauderer? Die Union wirft dem Kanzler vor, in der für viele Länder wichtigen Frage von Beitrittsmöglichkeiten zur Europäischen Union nicht klar Farbe zu bekennen.
    Scholz – der Zauderer? Die Union wirft dem Kanzler vor, in der für viele Länder wichtigen Frage von Beitrittsmöglichkeiten zur Europäischen Union nicht klar Farbe zu bekennen. Foto: Geert Vanden Wijngaert, AP/ dpa

    Besser spät als nie: Olaf Scholz reist nach langem Zaudern in die Ukraine, gemeinsam mit den Kollegen aus Italien und Frankreich, Draghi und Macron. Die Regierungschefs der drei wichtigsten Staaten der Europäischen Union in Kiew, das ist ein starkes Signal. Vor allem wenn der Ukraine dabei die Perspektive eines raschen EU-Beitritts gegeben wird. Nur ist es gerade für den deutschen Kanzler mit einem Signal allein nicht mehr getan.

    Die Ukraine steht mit dem Rücken zur Wand. Russland schießt und bombt ohne jede Rücksicht auf Verluste – ukrainische wie eigene – weiter. Im Osten des Landes steht der Krieg vor einer entscheidenden Phase. Den ukrainischen Soldaten droht die Luft auszugehen, vor allem fehlen ihnen Munition und Waffen, auch schweres Gerät und moderne Abwehrsysteme. Deutschland hat entsprechende Lieferungen angekündigt, doch angekommen ist bisher zu wenig. So wächst in der Ukraine der Frust, verfestigt sich der fatale Argwohn, Berlin nehme noch immer zu viel Rücksicht auf Moskau.

    Scholz muss Selenskyj einen Plan nach Kiew mitbringen

    Scholz kann diesen Eindruck jetzt korrigieren. Er selbst hat die Erwartungshaltung mächtig in die Höhe geschraubt, indem er mehrfach sagte, für einen Fototermin allein werde er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nicht besuchen. Womit er die Solidaritätsbesuche vieler anderer Politiker, auch aus den Reihen der von ihm geführten Ampel-Koalition, auf unschöne Art abgewertet hat. In Zeiten der existenziellen Not zählen ja auch Gesten. Und nicht jeder kann so viel an konkreter Hilfe leisten wie der deutsche Bundeskanzler.

    So darf er sich in Kiew nicht hinter seinen beiden Kollegen verstecken; vielmehr muss er Selenskyj einen Plan mitbringen, der klar und verlässlich darlegt, wie Deutschland die Ukraine im verzweifelten Ringen um ihre Existenz unterstützen will. Jedes weitere Zögern nutzen Putins Invasionstruppen, die kurz vor der völligen Besetzung des Donbass stehen. Vier Monate nach Beginn dieses sinnlosen Krieges muss Scholz die innen- und außenpolitisch nagenden Zweifel an seiner Entschlossenheit endlich ausräumen. Denn einer Ukraine, die völlig zerstört oder von Russland besetzt wäre, würde auch ein EU-Beitritt nichts nutzen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden