Am Mittwochmorgen hat es eine große Razzia gegen eine Reichsbürger-Gruppierung in ganz Deutschland gegeben. Bevor man in diesem Fall an eine Bewertung geht, muss man sich kurz die bisherigen Erkenntnisse der Ermittlungsbehörden vor Augen führen. Da hat eine Truppe von mehr als 50 Leuten nichts weniger als den gewaltsamen Umsturz in Deutschland geplant. Sie haben eine eigene staatliche Ordnung schon in Grundzügen ausgearbeitet, haben einen "Rat" - eine Art künftige Regierung - gegründet, schon Ressorts wie "Außen" und "Justiz" verteilt und erste Versuche unternommen, Soldaten und Polizisten für ihre Zwecke zu rekrutieren.
Man könnte nun lächelnd fragen: Wie soll eine derart bunt zusammengewürfelte kleine Gruppe eine Revolution herbeiführen? Aber das wäre der komplett verkehrte Ansatz. Die Verharmlosung der sogenannten Reichsbürger war schon immer falsch. Sie haben in den vergangenen Jahren mehrfach bewiesen, dass sie ihren kruden Fantasien Taten folgen lassen. Erinnern wir uns nur an den Reichsbürger aus Bayern, der 2016 einen Polizisten bei einem Einsatz erschoss.
Die Reichsbürger sind eine reale Gefahr, die ernst genommen werden muss
Nein, die Reichsbürger sind nicht nur Spinner, die den Staat ablehnen, sich Fantasie-Ausweise basteln und die Behörden nerven. Von dieser teilweise rechtsextremen Bewegung geht eine sehr reale Gefahr aus. Im normalen Raster würden die „Reichsbürger“ unter die Rechtsradikalen fallen. Ihre Ideologie ist aber bei weitem nicht nur reaktionär, sondern inzwischen häufig militant. Und ihre Pläne sind zum Teil sehr konkret. Das zeigt der neueste Fall auf dramatische Weise.
Die neue mutmaßliche Terrororganisation ist die bisher größte und gefährlichste Gruppierung dieser Art. Konnte man in der Vergangenheit manchmal noch von Angebern und Schwätzern an einem Lagerfeuer ausgehen - wie zum Beispiel bei der Gruppe "Der harte Kern" um einen Mann aus Mickhausen im Landkreis Augsburg -, ist dieses Mal vieles anders. Die Umsturzpläne waren offenbar sehr viel konkreter. Es wurden beispielsweise bereits Kasernen ausgekundschaftet, in denen später eigene Truppen untergebracht werden können.
Doch der gefährlichste Unterschied besteht in der Zusammensetzung der Gruppierung. Hier trafen sich Menschen mit Geld wie der skurrile Heinrich XIII. Prinz Reuß, die ehemalige AfD-Politikerin und aktive Richterin Birgit Malsack-Winkemann, die als ehemalige Bundestagsabgeordnete über Ortskenntnisse im Reichstag verfügt mit einem Rechtsanwalt, einer Ärztin, einem Piloten. Und - was besonders besorgniserregend ist - mit Soldaten und Polizisten, darunter ein Mann des Kommando Spezialkräfte (KSK) und ein ehemaliger Fallschirmjäger-Kommandeur. Auch der "militärische Arm" dieser Organisation war also bereits sehr konkret organisiert.
Für Polizei und Bundeswehr stellt es ein gravierendes Problem dar, dass sich in ihren Reihen immer wieder Reichsbürger befinden. Jedem Polizeibeamten und jedem Soldaten stehen freilich eigene Weltanschauungen und politische Ansichten zu. Aber wie ein Polizist oder ein Soldat den „Reichsbürgern“ anhängen kann, ist nicht nachvollziehbar. Diese Bewegung verbreitet rechtsextreme und krude Ideen, sie ist in Teilen gewaltbereit und verfassungsfeindlich. Sie leugnet den Staat. Und manche „Reichsbürger“ sind sogar dazu fähig, zu töten. Polizisten und Soldaten verpflichten sich, dem Staat zu dienen. Wenn sie diesen Staat aber nicht anerkennen oder in Zweifel ziehen, haben sie im Staatsdienst nichts verloren. Da gilt es jetzt, mit allen Mitteln dagegenzuhalten und alle Möglichkeiten des Dienstrechts auszuschöpfen.