Bodo Ramelow hat sich erfolgreich provozieren lassen. Im Thüringer Landtag verlor er die Fassung. Er zeigte einem Abgeordneten der AfD den Stinkefinger und beschimpfte ihn als widerlichen Drecksack. „Es ist so, es gehört sich nicht, so etwas im Parlament zu sagen“, räumte er zwar nach dem Eklat zunächst in einem Fernsehinterview ein, nur um dann seine Beschimpfung zu bekräftigen.
Ramelow hat die Würde des Amtes und die des Landtages verletzt. Der Politiker der Linkspartei schwächt damit seine eigene Position. Denn er wirft der AfD als seinem Hauptgegner zurecht immer wieder vor, wie unverschämt, unsensibel und unverfroren ihre Politiker auftreten. Der Vorwurf verliert aber schnell an Wirkung, wenn man es selbst nicht besser macht.
Im Februar wurde Bodo Ramelow kurzzeitig abgewählt
Ein Ministerpräsident ist keine Maschine, aber im Parlament muss er sich im Griff haben. Seit dem Schock vom Februar, als Ramelow abgewählt und mit den Stimmen der AfD der FDP-Mann Thomas Kemmerich zum Kurzzeit-Regierungschef gekürt wurde, hat er an Souveränität eingebüßt. Bei dem 64-Jährigen schlägt häufiger eine Mischung aus Arroganz und Angefasstheit durch, die ihn angreifbar macht.
In seiner rot-rot-grünen Minderheitsregierung knirscht und knarzt es mittlerweile laut hörbar. Die kleinen Koalitionspartner SPD und Grüne beklagen die Alleingänge des MP. Wegen der schweren Wirtschaftskrise wird jetzt – wie überall – das Geld knapp. Politische Gräben zwischen den drei Parteien lassen sich deshalb nicht mehr so einfach zuschütten, indem einfach alle mehr Geld für ihre Projekte bekommen.
Debatte um Mittelfinger: Ramelow gefährdet seine Position
Schon im Herbst wird in Thüringen der Wahlkampf wieder einsetzen, weil die Wähler im April nächsten Jahres die Macht neu verteilen. Das war der Deal, den rot-rot-grün mit der CDU geschlossen hat.
Ramelows Pfund ist seine große Beliebtheit bei den Thüringern. Er hat es als Westdeutscher zum Landesvater geschafft. Durch verbale Entgleisungen gefährdet er seine Position. Wenn der Wahlkampf richtig einsetzt, werden ihm seine Gegner noch viele Stöckchen hinhalten und darauf hoffen, dass ein emotionaler Ministerpräsident darüber springt.
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