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Kommentar: Profitiert Scholz jetzt von der Kritik an Laschet und Baerbock?

Kommentar

Profitiert Scholz jetzt von der Kritik an Laschet und Baerbock?

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    Olaf Scholz macht sich in Bayern ein Bild der Lage nach dem Hochwasser.
    Olaf Scholz macht sich in Bayern ein Bild der Lage nach dem Hochwasser. Foto: Felix Hörhager, dpa

    Wer die Lage von Olaf Scholz verstehen will, kann sich die Bilder der vergangenen Tage ins Gedächtnis rufen. Auch der SPD-Kanzlerkandidat fuhr in die von den Wassermassen heimgesuchten Landstriche. Auch er nahm die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei der Hand, um sie zu unterstützen. Merkel tat es wenige Tage später. Doch anders als bei Scholz wärmte das Bild von Dreyer und Merkel die Herzen und wurde zu einer Ikone in schwerer Zeit.

    Was hat Scholz gemacht? Die Antwort ist einfach: Nichts. Scholz’ Außendarstellung ist geprägt durch Nüchternheit und Seriosität. Das Gefühlige geht dem Hamburger ab. Merkel hat sich in ihren 16 Jahren an der Macht den Wählerinnen und Wählern genauso präsentiert und war dabei beliebt. Scholz hat sich bei seiner Kandidatur bewusst dafür entschieden, den Deutschen die Methode Merkel in Männergestalt anzubieten. Vielleicht hat es in dem speziellen Fall des Flutfotos damit zu tun, dass zwei Frauen eine andere Wirkung entfalten. Dreyer, die unter der Nervenkrankheit Multiple Sklerose leidet, steht in diesem Fall für ihr leidendes Bundesland, Merkel für die helfende Mutter der Nation. Würde Merkel noch einmal antreten, hätte sie beste Chancen, das Rennen zu machen.

    Olaf Scholz fehlt eine klare Machtperspektive

    Doch weil sie es nicht tut, betrachtet Scholz seinen Wahlkampf als nicht hoffnungslos – trotz der Schwäche einer ausgelaugten SPD. Seine Hoffnung buchstabiert sich folgendermaßen: Kurz vor der Wahl werden sich die Leute fragen, welchem Kandidaten sie eigentlich trauen können, das Land sicher und solide zu führen. Schließt man sich für einen Moment dieser Hoffnung an, dann hat Scholz gar nicht so schlechte Karten. Als Finanzminister hat er einen großen Erfolg mit der globalen Mindestbesteuerung von internationalen Großkonzernen erreicht. Seine US-Kollegin Janet Yellen nannte das Projekt Olafs Baby. Als Finanzminister kann er den Flutopfern nun eine großzügige Nothilfe gewähren. Anders als bei den Zuschüssen für notleidende Firmen in der Corona-Pandemie müssen die Gelder rasch ausgezahlt werden. Scholz hatte Glück, dass Wirtschaftsminister Peter Altmaier im Falle der Unternehmen geprügelt wurde, als es dauerte und dauerte.

    In den Stilnoten liegt der 63-Jährige klar vor seinen Konkurrenten Armin Laschet (CDU/CSU) und Annalena Baerbock (Grüne). Laschet musste sich entschuldigen, weil er bei der Ansprache des Bundespräsidenten an die von den Wassermassen Gebeutelten im Hintergrund feixte. Zudem reagierte er zuletzt in Interviews gereizt, wenn er kritisch nach seiner Klimapolitik mit einer noch vergleichsweise langen Laufzeit von Kohlekraftwerken gefragt wurde. Baerbock steckt durch ihre Skandälchen-Trias Nachmeldung von Einkünften, frisierter Lebenslauf und abgeschriebenes Buch derart in der Defensive, dass von ihrem Besuch in den überschwemmten Gemeinden kaum Notiz genommen wurde.

    Die Grünen-Kandidatin hat dennoch den Vorteil, dass die Flut die Erderwärmung nun voll in den Fokus des Wahlkampfs gerückt hat. Und auch Laschet kann davon profitieren, wenn den Menschen vor Ort schnell geholfen wird und der Wiederaufbau klappt. Nutzen weder Baerbock noch Laschet diese Gelegenheit, steigen die Chancen von Scholz. Was er allerdings nicht durch seine Persönlichkeit wettmachen kann, ist die fehlende Machtperspektive. Rot-Rot-Grün unter seiner Führung oder eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP sind sehr unwahrscheinlich. Die Wähler werden sich fragen, ob ihre Stimme schlussendlich nicht verschenkt wäre, selbst wenn sie der SPD-Kandidat überzeugt.

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