„Die Polizei, dein Freund und Helfer“, ein Sprichwort wie dieses gibt es im Französischen nicht und schon gar nicht in den sozialen Brennpunkten in den Vorstädten der Metropolen, den Banlieues. Sicherheitskräfte legen dort oft und vor allem gegenüber jungen Männern mit Migrationshintergrund ein robustes und mitunter willkürliches Vorgehen an den Tag.
Das 2019 erschienene Film-Drama „Die Wütenden – Les Misérables“ des Regisseurs Ladj Ly, der wahre, äußerst brutale Begebenheiten in seiner eigenen Banlieue aufarbeitete, illustrierte dies auf erschütternde Weise. Verallgemeinerungen verbieten sich.
Nanterre: 17-jähriger Nahel wurde bei Verkehrskontrolle erschossen
Aber dass Rassismus und unverhältnismäßige Gewalt in der französischen Polizei, auch am Rande von Demonstrationen, ein strukturelles Problem sind, hat sich durch wiederholte Vorfälle bestätigt. Oft können sie nur durch zufälliges Filmen durch Passanten nachgewiesen werden, weil die Beamten einander gegenseitig schützen. Dass diese bisweilen selbst angegriffen oder provoziert werden, rechtfertigt brutales Vorgehen nicht.
Der 17-jährige Nahel, der am Dienstag bei einer Verkehrskontrolle im Pariser Vorort Nanterre erschossen wurde, ist nicht das erste Opfer, das seine Verweigerung, den Anweisungen der Polizei nachzukommen, mit dem Leben bezahlte. 13 Menschen starben allein im vergangenen Jahr in ähnlichen Situationen – ein unhaltbarer Zustand.
Französische Polizei muss ihre Strategie überdenken
Die Umstände seines Todes müssen erst noch aufgeklärt werden. Aber ein Video der Szene entlarvt die Behauptung des involvierten Polizisten, er habe aus Notwehr gehandelt, als Lüge. Sein Kollege stützte diese noch. Seitlich am Wagen stehend, zielte er mit seiner Waffe auf den Fahrer und war zu keinem Zeitpunkt bedroht, als das Auto losfuhr. Das heizt die Wut in den Banlieues noch an und macht die Lage explosiv. Die französische Polizei muss dringend ihre Strategie überdenken, um Opfer wie Nahel künftig zu vermeiden. Um dem Schutz der Bevölkerung zu dienen, statt selbst zu einer Gefahr für sie zu werden.