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Kommentar: Petersberger Klimadialog: Die Kluft zwischen Klimaschutz und Sicherheit

Kommentar

Petersberger Klimadialog: Die Kluft zwischen Klimaschutz und Sicherheit

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    Starke Winde und heißes, trockenes Wetter erschweren die Bemühungen der französischen Feuerwehr, einen riesigen Waldbrand im Südwesten des Landes einzudämmen.
    Starke Winde und heißes, trockenes Wetter erschweren die Bemühungen der französischen Feuerwehr, einen riesigen Waldbrand im Südwesten des Landes einzudämmen. Foto: Uncredited/Service Communication-Protocole SDIS 33/AP, dpa

    Und wenn es noch so sehr nach abgedroschener Ratgeberliteratur klingt: In jeder Krise steckt auch eine Chance, dass sich die Dinge, nachdem sie erst mal noch schlimmer werden, zum Guten wenden. Im Kampf gegen die vom Menschen verursachte Erderwärmung, über den es jetzt wieder beim Petersberger Klimadialog geht, bedarf es aber schon gewaltiger Zuversicht, um diese Möglichkeit zu erkennen.

    Das Treffen von Regierungsvertretern aus 40 Ländern dient der Vorbereitung großer Klimaschutzabkommen. Doch die Aussichten, wegweisende, breit getragene Beschlüsse anzustoßen, erscheinen in diesem Jahr so schlecht wie nie. Während neue Hitzewellen bevorstehen, in Südeuropa und Brandenburg Wälder brennen, blicken die Deutschen bang auf den kommenden kalten Winter. Denn das russische Gas, das ihre Wohnungen wärmt, droht knapp zu werden. Der fürchterliche russische Angriffskrieg auf die Ukraine und seine weltweiten Auswirkungen binden alle Aufmerksamkeit, wie könnte es auch anders sein.

    Als Lehrmeister hat sich Deutschland blamiert

    Dennoch ist es wichtig, gerade jetzt über die Zukunft des Planeten zu sprechen. Deutschland kann das aber nicht länger mit der Arroganz des Lehrmeisters tun, der ärmeren Staaten verkündet, wo es langgeht. Mit einer solchen Haltung wurde das Gesprächsformat 2010 gegründet, zu einer Zeit, als die Bundesrepublik als Klimaschutz-Vorreiterin und ihre Regierungschefin Angela Merkel als Klimakanzlerin galten. Dabei sah die Realität schon damals ganz anders aus.

    Unbestreitbare Erfolge beim Ausbau der erneuerbaren Energien sind nur der eine, grüne Teil der Geschichte. Der andere ist schmutzig und von Heuchelei geprägt. Im Klima-Eifer hat Deutschland seine Versorgungssicherheit sträflich vernachlässigt und wurde immer noch süchtiger nach billigem Gas aus Russland, das weder ethisch noch klimatechnisch gesehen sauber ist. Auch jetzt, wo der Gasfluss aus dem Osten zum Erliegen zu kommen droht, dominiert eine Politik nach dem Motto: nicht in meinem Hinterhof.

    Das umweltgefährdende "Fracking" von Erdgas wird im eigenen Land vehement abgelehnt,

    Jetzt sind Kompromisse nötig, dann müssen stärkere Anstrengungen folgen

    Wie gerne hat sich Deutschland als Beweis gefeiert, dass der klimafreundliche Umbau einer Industrienation gelingen kann. Jetzt geht es für die Bundesregierung bis auf Weiteres vorrangig darum, die Folgen der selbst verschuldeten Gas-Abhängigkeit irgendwie zu begrenzen. Was nicht ohne Abstriche beim Klimaschutz geht. Andernfalls wird die wirtschaftliche Basis zerstört, ohne die weder die eigene Energiewende noch die Unterstützung ärmerer Nationen bei der Bekämpfung des Klimawandels und der Bewältigung seiner Folgen möglich sind. Beim Petersberger Klimadialog gilt es nun, die Weichen dafür zu stellen, dass der Zeit der schmerzhaften, für die Versorgungssicherheit nötigen Kompromisse schon bald umso konsequentere Anstrengungen im Kampf gegen die Erderwärmung folgen. So groß und vielschichtig diese Krise ist, muss in ihr doch auch eine enorme Chance stecken.

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