Es ist ein häufiges Verhalten rechter Politikerinnen und Politiker, genau jene Demokratie mit Füßen zu treten, die sie angeblich so sehr verteidigen wollen. Der CDU-Politiker Max Otte ist so ein Fall. Seine Bewerbung als AfD-Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten zielt darauf ab, Krawall zu machen – auf Kosten der höchsten Position im Staate. Das Verwerfliche an dem Vorgang ist, dass der 57-Jährige demokratische Strukturen nutzt, um sich und seinen Umtrieben Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Wer sich nicht enger mit der CDU befasste, kannte das Parteimitglied Max Otte bisher gar nicht. Der Unternehmer ist Vorsitzender der Werte-Union. Sie ist keine Gliederung der Partei, nimmt aber für sich in Anspruch, die konservative Basisbewegung innerhalb der CDU, aber auch der CSU abzubilden. Circa 4000 Mitglieder will der Verein angeblich haben. Selbst wenn das stimmt, ist es im Vergleich zu den allein schon 380.000 CDU-Mitgliedern insgesamt offensichtlich nur Wunschdenken, von einer Basisbewegung zu sprechen. Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen war Werte-Union-Mitglied. Er ist ausgetreten, nachdem bekannt wurde, dass Otte sich von der Alternative für Deutschland aufstellen lässt.
Kritik an den "Mainstreammedien"
Otte bezeichnet sich auf seiner Internetseite als Unternehmer, Publizisten, Philanthropen und politischen Aktivisten. Stolz verweist er zunächst auf Zeitungsartikel, die ihn als Ökonomen loben, um sich dann darüber zu beklagen, dass „die Mainstreammedien weniger freundlich über ihn“ schreiben, seit er seine Stimme „gegen die Zustände im Land“ erhebe. Sein Klagen steht zwar im Widerspruch zu seiner Behauptung, er setze sich für die Meinungsfreiheit ein. Aber wer das große Ziel vor Augen hat, muss es mit Details offenbar nicht so genau nehmen.
Otte war der CDU schon länger aufgefallen. Als Vorsitzender der Werte-Union, als Kuratoriumsmitglied der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung sowie durch stramm rechte und frauenfeindliche Statements. Ein Parteiausschluss lag nahe, doch der unterliegt ganz zu Recht hohen Anforderungen. Schließlich soll es nicht möglich sein, Mitglieder aus einer demokratischen Partei nur deswegen auszuschließen, nur weil sie mal eine andere Meinung äußern. Auf Maaßen trifft das beispielsweise zu. Er ärgert die Parteioberen zwar, parteischädigendes Verhalten mögen sie ihm dann aber doch nicht vorwerfen.
Die CDU wirft Max Otte parteischädigendes Verhalten vor
Bei Otte jedoch ist der Fall klar. Einen „dringenden und schwerwiegenden Fall schwer parteischädigenden Verhaltens“ haben die Juristen der CDU festgestellt. Zur Begründung heißt es unter anderem, er habe insbesondere gegen den CDU-Grundsatz verstoßen, dass es keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD gibt. Der noch amtierende CDU-Vorsitzende Armin Laschet und sein Nachfolger Friedrich Merz handelten sofort, sie taten dies geschlossen, emotionslos und präzise. Otte verlor seine Mitgliedsrechte, ein Parteiausschlussverfahren läuft. Der Abgestrafte hat sich verzockt, er hat der CDU wider Willen einen Riesengefallen getan.
Die Wahl des Bundespräsidenten als ebenso festlicher wie demokratischer Akt ist durch den Vorgang zwar beschädigt worden. Bis zur Bundesversammlung in zwei Wochen jedoch ist die Sache vergessen. Otte und die AfD haben keinerlei Chance, das macht die Sache erträglich. Im Gegenteil. Während die Linksfraktion mit ihrem ebenfalls chancenlosen Kandidaten Gerhard Trabert erklärtermaßen ein Zeichen setzen will, untermauern die Alternative für Deutschland und der Werte-Union-Chef nur den ewigen Vorwurf: Dass bei ihnen der Mangel an politisch durchsetzbaren Ideen und Inhalten mit lautem Getöse überspielt werden muss.