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Kommentar: Palästina anerkennen? Terror erschafft keine Staaten

Kommentar

Palästina anerkennen? Terror erschafft keine Staaten

Rudi Wais
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    Für die Silvesternacht war in Berlin-Neukölln eine propalästinensische Demonstration angemeldet worden.
    Für die Silvesternacht war in Berlin-Neukölln eine propalästinensische Demonstration angemeldet worden. Foto: Christophe Gateau, dpa

    Der Traum der Palästinenser von einem eigenen Staat ist so alt wie der Nahost-Konflikt – und wird auch noch lange ein Traum bleiben. Daran ändert die Initiative Norwegens, Irlands und Spaniens nichts, die „Palästina“ jetzt wie mehr als 100 Länder vor ihnen formell ebenfalls als Staat anerkennen.

    Würde dieser zunächst eher symbolisch gemeinte Akt morgen politische Realität, sähe dieses „Palästina“ in etwa so aus: An seiner Spitze stünde als Präsident der greise Mahmut Abbas, der seine Macht im Westjordanland auf eine korrupte Funktionärsclique stützt und in seiner Doktorarbeit einst den Holocaust verharmlost hat. Regierungschef müsste nach den gängigen Machtverhältnissen der Hamas-Chef in Gaza werden, der als „Schlächter von Khan Junis“ zu blutigem Ruhm gelangte Yhaya Sinwar. Und Verteidigungsminister dieses grotesken Terrorstaates würde vermutlich Mohammed Deif, der Militärchef der Hamas.

    Alles nur ein Gedankenspiel? Ja, aber sich so dezidiert für einen Palästinenserstaat auszusprechen wie drei etablierte europäische Demokratien das jetzt tun, bedeutet auch, die Realitäten in der Region zu akzeptieren, und mögen sie noch so desillusionierend sein. 

    Für einen souveränen Staat verlangt das Völkerrecht ein Staatsvolk, ein Staatsgebiet und eine unabhängige Staatsgewalt. Das Staatsvolk wäre dabei noch das geringste Problem, das wären die mehr als fünf Millionen Palästinenser in der Westbank und im Gazastreifen. Mit dem Staatsgebiet wird es schon schwieriger, weil in den Osloer Verträgen in den neunziger Jahren weder der genaue Grenzverlauf zu Israel geklärt wurde noch der Status von Jerusalem. Und die Staatsgewalt? Die geht in Gaza bislang von der Hamas aus und wird von ihr wörtlich genommen: Gewalt als Geschäftsmodell.

    Bezahlt wird in Gaza mit israelischem Geld

    Aber auch ökonomisch wäre ein solcher Staat nicht überlebensfähig, weil die Autonomiegebiete seit Jahrzehnten nahezu komplett am Tropf der internationalen Gemeinschaft hängen und bis heute nicht einmal eine eigene Währung haben. Bezahlt wird in Gaza und im Westjordanland in Schekel, dem Geld der verhassten Israelis. 

    Ein eigener palästinensischer Staat kann erst am Ende eines schwierigen Aussöhnungsprozesses mit Israel stehen und nicht an dessen Beginn. Zu diesem Prozess gehören eine mit der Entnazifizierung nach dem Krieg in der Bundesrepublik vergleichbare Aufarbeitung des palästinensischen Terrors durch die Palästinenser selbst, eine politische Autorität wie einst Jassir Arafat, die in ihrem Namen mit Israel verhandelt – und eine Übergangsphase mit einer neutralen, internationalen Kontrolle des Gazastreifens, die gut und gerne ein Jahrzehnt dauern kann. Den Quasi-Staat der Palästinenser ausgerechnet jetzt anzuerkennen, legt nur die Saat für neue Konflikte und Kriege. Die Initiative Norwegens, Irlands und Spaniens kommt daher zur Unzeit, so kurz nach den Massakern vom 7. Oktober – faktisch bedeutet sie eine diplomatische Aufwertung der Hamas, die sich selbst als einzig legitime Interessenvertretung der Palästinenser begreift.

    Die Hamas erkennt Israels Existenzrecht nicht an

    Dabei könnte „Palästina“ längst ein unabhängiger Staat sein, hätten die Großväter der heutigen Palästinenser den Teilungsbeschluss der Vereinten Nationen 1948 akzeptiert. Israel hat das getan und aus Wüsten buchstäblich blühende Landschaften geschaffen. Die Araber dagegen wollten auch damals schon das ganze Land – vom Jordan bis zum Mittelmeer. Heute können sie einen eigenen Staat erst bekommen, wenn sie der Gewalt abgeschworen und das Existenzrecht Israels anerkannt haben. Die Hamas tut beides nicht.

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