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Kommentar: Opposition kann auch gut sein: CDU und CSU machen jetzt Druck

Kommentar

Opposition kann auch gut sein: CDU und CSU machen jetzt Druck

Stefan Lange
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    CDU-Chef Friedrich Merz macht gehörig Druck auf die Ampel-Koalition: "Wir haben eine überforderte Regierung."
    CDU-Chef Friedrich Merz macht gehörig Druck auf die Ampel-Koalition: "Wir haben eine überforderte Regierung." Foto: Roberto Pfeil, dpa

    Vor fünf Monaten besiegelte sich das Schicksal von CDU und CSU. Das Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP beendete die Arbeit am Koalitionsvertrag und schickte die Union damit in die Opposition. Lange 16 Jahre hatten diese mit Alt-Kanzlerin Angela Merkel an der Spitze der Regierung gestanden, sich an die Macht gewöhnt, an den leichten Zugang zu den anderen Mächtigen in Wirtschaft und Gesellschaft - und nun war da auf einmal eine große Leere, die irgendwie gefüllt werden musste.

    Der Anfang fiel schwer. Denn Opposition ist manchmal eben doch Mist, zum Beispiel dann, wenn es ums Geld geht. Regierungsparteien stehen finanziell insgesamt besser da, durch den Wechsel mussten die Schwarzen zum Rotstift greifen und Einsparungen vornehmen. Damit nicht genug: CDU und CSU wurden öffentlich an den Pranger gestellt, als die neue Regierungsmehrheit eine Änderung der Sitzordnung im Bundestag erzwang und die Union sich plötzlich neben der AfD wiederfand. Was das in den Seelen der Abgeordneten, bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auslöste, war an gequälten Gesichtern deutlich abzulesen.

    Die CSU traf es weniger hart als die CDU

    Vor allem die CSU erholte sich schnell von den Niederschlägen. Auch deshalb, weil sie es am Wahlsonntag nicht so hart getroffen hatte wie die große Schwesterpartei. Die Bayern konnten wegen überzeugender Direktkandidaten erneut mit 45 Abgeordneten in den Bundestag einziehen. Die Sitzverluste wirkten sich allein auf die CDU aus, die an der ungewohnten Oppositionsrolle länger zu knabbern hatte als die kleine Schwesterpartei.

    Beide Parteien haben indes schnell gemerkt, dass sie auch aus der Opposition heraus maßgeblich Politik gestalten können und dabei von der Konstellation im Bundestag profitieren. Denn die Linke schaffte es nur mit Not in den Bundestag und verschwendet viel Energie und Zeit in parteiinterne Streitigkeiten. Mit der AfD arbeiten die demokratischen Parteien ohnehin nicht zusammen.

    Ist Gerhard Schröder zu peinlich für die Kanzler-Galerie? CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt  findet: Ja. Er fordert, dass Schröder abgehängt wird.
    Ist Gerhard Schröder zu peinlich für die Kanzler-Galerie? CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt findet: Ja. Er fordert, dass Schröder abgehängt wird. Foto: Horst Ossinger, dpa

    Die Ampel und ihr zuweilen etwas orientierungslos wirkender Steuermann Olaf Scholz machen es der führenden Oppositionspartei außerdem leicht. SPD, Grüne und FDP schaffen es bei wichtigen Themen nicht, als Koalition geschlossen aufzutreten und die notwendigen Mehrheiten zu organisieren. Die Ampel-Pleite bei der allgemeinen Impflicht war das bisher herausragendste Beispiel. Das Debakel könnte noch übertroffen werden, wenn sie sich bei der Frage nach Waffenlieferungen für die Ukraine von der Union weiter vor sich hertreiben lassen.

    Die SPD macht in der Regierung handwerkliche Fehler

    Vor allem die SPD macht zudem handwerkliche Fehler, die Steilvorlagen für die Union sind. Der bevorstehende Besuch von Scholz in Tokio etwa inmitten einer wichtigen Sitzungswoche wurde von Unions-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) mit den Worten quittiert, „warum auch immer“ der Kanzler nach Japan reise – optimal sei seine Reiseplanung jedenfalls nicht.

    CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nutzte den SPD-Streit um Putin-Freund Gerhard Schröder zu der medienwirksamen Aufforderung, man möge dessen Porträt aus der Galerie im Foyer des Kanzleramtes entfernen. Dobrindt weiß, dass der Russland-Versteher auch weiterhin neben Kohl und den anderen hängen wird. Die Anekdote zeigt indes, dass die Union sich in ihre Oppositionsrolle eingelebt hat, zu der Frotzeleien dazugehören.

    Die Ampel-Koalition wusste bei ihrem Start, dass die tragenden Parteien unterschiedliche Traditionen und Perspektiven haben. Noch ist nicht gelungen, daraus ein wirklich handlungsfähiges Bündnis zu schmieden. Die Union profitiert davon und spielt ihre Oppositionsrolle geschickt.  SPD, Grüne und FDP werden sich anstrengen, dem mit Geschlossenheit entgegenzutreten. Anderenfalls verfestigt sich der Eindruck, dass der zu Beginn spürbare Geist der Eintracht schon wieder verflogen ist.

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