Lange waren die politischen Verhältnisse in Deutschland nicht so wackelig wie in diesem Jahr. Das spektakuläre Auseinanderfallen der Ampel-Koalition war ja nur das letzte und heftigste zahlreicher Beben. Zuvor hatten schon die Wahlen in Ostdeutschland vermeintliche Gewissheiten erschüttert. Der Aufstieg von Extremisten und Populisten, für die der Kompromiss ein Schimpfwort ist, macht es immer schwieriger, stabile Mehrheiten zu organisieren. Ganz gegen diesen Trend lässt die Wiederwahl des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer an diesem Mittwoch hoffen.
Im zweiten Wahlgang bekommt Michael Kretschmer die Mehrheit
Der CDU-Mann hat für seine Koalition mit der SPD bekanntlich keine eigene Mehrheit. Weil er sich nicht in einem Bündnis von Sahra Wagenknechts Gnaden verbiegen wollte, war er auf die anderen demokratischen Kräfte im Landtag von Sachsen angewiesen. Und diese haben – entgegen mancher Befürchtung – der Versuchung widerstanden, Kretschmer vorzuführen. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass ein Kandidat im Parlament durchfällt. Aber: Immerhin im zweiten Wahlgang erhielt Kretschmer die erforderlichen Stimmen.
Dass Teile der Opposition dafür über ihren Schatten gesprungen sind, ist ein wichtiges Signal: Es gibt nicht nur eine Mehrheit in der Bevölkerung, sondern auch eine politische Mehrheit, der daran gelegen ist, dass nicht Chaos und Zwietracht das Land regieren.
Das ist staatstragend im besten Sinne, aber nur ein Anfang. Der Minderheitsministerpräsident wird sich ab sofort immer wieder neu um Mehrheiten bemühen müssen. Auch das muss keine schlechte Nachricht sein.
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