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Kommentar: Ohne Druck ändert sich zu wenig in der katholischen Kirche

Kommentar

Ohne Druck ändert sich zu wenig in der katholischen Kirche

Daniel Wirsching
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    Der Synodale Weg fordert Reformen beim Zölibat und der Stellung der Frau in der Kirche.
    Der Synodale Weg fordert Reformen beim Zölibat und der Stellung der Frau in der Kirche. Foto: Andreas Arnol, dpa (Archiv)

    Bewegt sie sich doch? Kommt jetzt die große Reform der katholischen Kirche? Priesterinnen? Verheiratete Priester?

    Mit überwältigenden Mehrheiten nahmen Synodale auf ihrer am Wochenende zu Ende gegangenen dritten Vollversammlung entsprechende Texte an. Es machte sich in Frankfurt am Main beim Synodalen Weg Aufbruchstimmung breit. Ist der Gesprächsprozess zwischen Bischöfen und engagierten Laien also ein historisches Ereignis?

    Mit Blick auf seine Geschäftsordnung und die Geschichte muss man Erwartungen dämpfen: Es wird jedem Ortsbischof überlassen bleiben, was er umzusetzen bereit ist. Ohnehin spricht das letzte Wort bloß einer: der Papst. Und der steht dem Synodalen Weg nicht nur überaus skeptisch gegenüber, er hat sich auch allenfalls als „Reformer in Fußnoten“ erwiesen. Zum Umgang der Kirche mit Homosexuellen, zur Priesterweihe für Frauen oder zur Frage des Pflichtzölibats positionierte sich Franziskus widersprüchlich oder ablehnend. Selbst nachdem sich 2019 bei der „Amazonas-Synode“ eine deutliche Mehrheit von Bischöfen aus aller Welt wegen des Priestermangels in dem Gebiet für die Weihe von „bewährten“ verheirateten Männern zu Priestern ausgesprochen hatte, griff der Papst das nicht auf.

    Zölibat: Marx nennt priesterliche Lebensform "prekär"

    Nun fordern die deutschen Synodalen unter anderem, den Zölibat – die priesterliche Ehelosigkeit – zu lockern. Das soll durch den Papst oder ein Konzil geschehen. Einflussreiche Bischöfe wie Georg Bätzing oder Reinhard Marx sind für eine Freistellung. Die priesterliche Lebensform sei „prekär“, meint Marx. In der Tat gibt es gute Gründe, den Pflichtzölibat zu reformieren. Er kann zu Vereinsamung oder Priestermangel führen. Vor allem ist er kein Glaubenssatz, er ist historisch gewachsen. Bereits die Würzburger Synode in den 1970ern diskutierte – ebenfalls inmitten einer „schweren Autoritätskrise“ der Kirche (Walter Kasper) – über ihn. Bewegt sich die Kirche jetzt also doch in dieser symbolträchtigen Frage? Die realistisch-ernüchternde Antwort wird letztlich lauten: Nein. Siehe Amazonas-Synode. Dennoch ist der Synodale Weg nicht gescheitert.

    Im Gegenteil: Er könnte durchaus zu Reformen führen, kleineren, aber wichtigen – wie die Beteiligung von Laien an der Bischofswahl. Das schien vor ein paar Jahren noch unvorstellbar.

    Der Reformbedarf der Kirche ist gewaltig und in Teilen der Welt zu einer Überlebensfrage geworden. Dass man gleichgeschlechtlichen Paaren die Segnung oder Frauen Weiheämter verwehrt, ist etwa in Deutschland nicht mehr vermittelbar. Doch eines sollte man sich immer wieder in Erinnerung rufen: Der Synodale Weg ist eine Reaktion auf die Missbrauchsskandale der Kirche und auf die 2018 veröffentlichte „MHG-Studie“ unabhängiger Forscher, die sich damit befassten. Er sollte nicht überfrachtet werden.

    Ohne Reformen ist der Kirche kaum mehr zu helfen

    Ein Erfolg wäre er, wenn er konkret zu einer besseren Aufarbeitung führen würde. Eine Freistellung des Pflichtzölibats – so wünschenswert das in vielerlei Hinsicht wäre – ist eher mittelbar hilfreich. Bedeutsamer für Missbrauchsbetroffene wäre anderes: echte Entschädigungen zum Beispiel. Echte Machtkontrolle. Die Öffnung der Archive. Oder eine Aufarbeitung, die eine staatliche Kommission leistet, nicht länger die Kirche. All das hätten die Bischöfe freilich schon umsetzen können.

    Die dritte Synodalversammlung hat gezeigt, was möglich wäre. Die Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte haben gelehrt: Ohne Druck ändert sich zu wenig. Und Druck kann der Synodale Weg aufrechterhalten. Er ist eine Chance für die Bischöfe, auch den in Rom. Ergreifen sie diese erneut nicht, ist der Kirche kaum mehr zu helfen.

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