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Kommentar: Obamas Wende gegenüber Kuba ist eine historische Leistung

Kommentar

Obamas Wende gegenüber Kuba ist eine historische Leistung

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    Der Haussegen zwischen Washington und Havanna hängt seit der kubanischen Revolution 1959 schief.
    Der Haussegen zwischen Washington und Havanna hängt seit der kubanischen Revolution 1959 schief. Foto: Ernesto Mastrascusa (dpa)

    Weltpolitisch hat das kleine Kuba nur einmal eine große Rolle gespielt – 1962, als die Kuba-Krise beinahe den Dritten Weltkrieg ausgelöst hätte. Sonst liegt die Insel, die ungefähr so viele Einwohner wie Bayern hat, im Schatten des übermächtigen Nachbarn USA. Bis vor wenigen Jahrzehnten glaubte Washington, die Verhältnisse in seinem Hinterhof nach eigenem Gutdünken regeln zu können. Zahlreiche Staaten Lateinamerikas haben den US-amerikanischen Imperialismus zu spüren bekommen. Kuba leidet bis zum heutigen Tag unter der Knute: Seit einem halben Jahrhundert gelten Wirtschaftssanktionen. Sie haben die Amtszeiten von zehn US-Präsidenten überdauert.

    Barack Obama muss zugutegehalten werden, dass er als erstes Staatsoberhaupt der Vereinigten Staaten konsequent daran arbeitet, diesen Anachronismus zu beseitigen. Er hat im vergangenen Jahr die diplomatischen Beziehungen zu der gerade einmal 90 Meilen vor Florida im Karibischen Meer gelegenen Insel wiederhergestellt. Er hat, soweit es die vom US-Kongress bis heute nicht aufgehobenen Embargo-Gesetze erlauben, eine vorsichtige wirtschaftliche Öffnung betrieben. Und sein derzeitiger Besuch in Havanna, die erste Visite eines US-Präsidenten seit 88 Jahren, kann den Beginn einer neuen Ära zwischen beiden Staaten besiegeln.

    Doch die Republikaner in den USA unterstützen die Versöhnungspolitik des Präsidenten bisher nicht und weigern sich, die Sanktionen zu beenden. Es gibt kein anderes Wirtschaftsembargo auf der Welt, das so lange aufrechterhalten wurde. Und das, obwohl es nicht zum Ziel geführt hat. Der David Kuba hat unter dem Goliath USA gelitten, er widerstand ihm aber.

    Kubas Kommunisten sind keine reinen Menschenfreunde

    Der Haussegen zwischen Washington und Havanna hängt seit der kubanischen Revolution 1959 schief. Zuvor, als auf der Zuckerinsel der Diktator Batista herrschte, lebte ein Großteil der Bevölkerung in Hunger und Armut, während sich reiche Amerikaner in den von der US-Mafia betriebenen Bordells und Spielhöllen vergnügten. Revolutionsführer Fidel Castro machte damit Schluss, er baute ein sozialistisches System auf und enteignete die US-Konzerne. Aus dem Streit um diese Besitztümer resultiert das bis heute geltende Embargo. Anfänglich versuchte der US-Geheimdienst CIA sogar, Castro zu ermorden. Doch sämtliche Versuche schlugen fehl, wie auch die Invasion in der Schweinebucht kläglich scheiterte.

    Kubas Kommunisten waren und sind keine reinen Menschenfreunde. Die Partei hat sich Kritik und Ablehnung redlich verdient. Sie garantiert zwar die Grundversorgung mit Lebensmitteln und freie medizinische Betreuung, verfolgt aber unerbittlich jede Abweichung von der Parteilinie. Sie gewährt keine Freiheit. Dissidenten werden brutal unterdrückt.

    Doch die von den USA jahrzehntelang betriebene Politik der Konfrontation hat zu keiner Besserung geführt. Der Wandel durch Annäherung, mit dem in Europa der Kalte Krieg überwunden wurde und den Obama jetzt gegenüber Kuba versucht, verspricht mehr Erfolg.

    Der US-Präsident hat sich gerade noch rechtzeitig vor dem Ende seiner Amtszeit für diese Strategie entschieden. Die von ihm eingeleitete Wende wird wohl zur historischen Zäsur. Ihr hilft auch der unausweichliche Generationenwechsel auf Kuba: Fidel Castro, der Mann, der alle US-Präsidenten von Eisenhower bis Bush junior im Amt überlebte, ist seit 2008 in Rente, sein Bruder Raúl, der jetzige Staatspräsident, wird in Kürze 85 Jahre alt.

    Mehr politische Freiheit für Kuba?

    Die Kubaner dürfen darauf hoffen, dass es bald mehr politische Freiheit gibt. Aber ihnen wird auch wichtig sein, dass ihre Insel einen eigenen Charakter behält und nicht zum Anhängsel der USA wird.

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