Der Platz im Parteienspektrum und das Wählerpotenzial wären für eine seriöse bürgerlich-konservative Partei durchaus vorhanden. Und das nicht nur in den neuen Ländern, wo viele Menschen auch 25 Jahre nach dem Fall der Mauer mit der liberalen Demokratie fremdeln. Wo es nur geringe Bindungen an die etablierten Parteien gibt, wo sich der Protest in Denkzettel-Wahlen stärker Bahn bricht als im Westen. Doch auch dort, wo viele CDU-Stammwähler mit ihrer Partei hadern, weil sie unter Angela Merkel weiter nach links gerückt ist, konnte die AfD in den vergangenen Jahren punkten. Die Eurokrise und die Flüchtlingskrise haben der Protestpartei geholfen. Viele Menschen, die sowohl die milliardenschweren Rettungspakete wie die Aufnahme der Flüchtlinge ablehnen und sich nach einer Rückkehr zum starken Nationalstaat alter Prägung sehnen, suchen nach einer Alternative im Parteiensystem.
Die AfD hätte diese Alternative sein können, wenn sie geblieben wäre, was sie ganz am Anfang war. Eine Partei, die mit einem wirtschaftsliberalen und bürgerlich-konservativen Programm den Platz rechts von CDU und CSU besetzt. Die aber zugleich klar auf dem Boden des Grundgesetzes steht und sich unmissverständlich von völkisch-nationalistischem, rassistischem oder gar verfassungsfeindlichem Gedankengut distanziert. Doch genau das hat sie nicht getan.
Entwicklung der AfD zu einer "NPD light"
Schon unter Bernd Lucke begann die Entwicklung der AfD zu einer Art „NPD light“ hinter einer hauchdünnen bürgerlichen Scheinfassade. Zu einem Sammelbecken von Selbstdarstellern, Rechthabern und radikalen Kräften, die dem freiheitlich-demokratischen System wie der offenen, pluralistischen Gesellschaft den Kampf ansagten und ein anderes Land in einem anderen Europa wollten. Lucke schaute, geblendet vom Anfangserfolg, zu, bis es zu spät war. Er verlor den Machtkampf gegen die ehrgeizige Frauke Petry, die sich im entscheidenden Moment mit den Hardlinern verbündete. So entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass Petry nun gerade in dem Moment den innerparteilichen Machtkampf zu verlieren scheint, in dem sie ihrerseits das Bündnis mit den radikalen Kräften aufkündigt.
Für Mitleid mit der Parteichefin, die mit ihrem autoritären Führungsstil und einsamen Entscheidungen große Teile der Partei gegen sich aufgebracht hat, gibt es trotzdem keinen Grund. Dass ausgerechnet sie die AfD vor den Rechtsradikalen beschützen will, kann man ihr nur schwer abnehmen. Die Wölfin bleibt Wölfin, mag sie noch so viel Kreide schlucken. Glaubwürdig wäre es gewesen, wenn sie vom ersten Tag an eine Brandmauer nach rechtsaußen hochgezogen hätte. Fürs Erste haben Jörg Meuthen, Alexander Gauland und Björn Höcke gewonnen. Auf dem Parteitag in Köln könnte die AfD nach dem Verzicht Petrys auf die Spitzenkandidatur einen wackeligen Frieden schließen, um den fast sicheren Einzug ins Parlament nicht zu gefährden. Doch nach der Wahl könnten die Gegensätze wieder mit voller Wucht aufbrechen. Es ist durchaus möglich, dass es zur nächsten Spaltung kommt, nachdem sich bereits das Lucke-Lager losgesagt hat – und in der Bedeutungslosigkeit verschwunden ist.
Als destruktive politische Kraft hat die AfD keinen Platz in Deutschland
Als rein destruktive politische Kraft allerdings, die ausschließlich mit sich selber beschäftigt ist und mit einer ungewöhnlichen Brutalität ihre internen Machtkämpfe austrägt, hat sie auf Dauer keinen Platz in Deutschland. Erst recht nicht, solange sie in ihrer Antihaltung gegen den Staat und die ihn tragenden Parteien, die Gesellschaft und das offene Europa verharrt und mit den Antworten von vorgestern die Probleme von morgen lösen will.
Mitleid mit Petry? Nein, die Wölfin bleibt Wölfin.
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