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Was Friedrich Merz noch fehlt, wenn er Kanzler werden will

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Was Merz noch fehlt, wenn er Kanzler werden will

Stefan Lange
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    CDU-Chef Friedrich Merz hat in der Asyldebatte Schwächen offenbart.
    CDU-Chef Friedrich Merz hat in der Asyldebatte Schwächen offenbart. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Das Drehbuch zur Generaldebatte im Bundestag ließ Großes vermuten. Die Union änderte überraschend die Reihenfolge auf ihrer Rednerliste, Oppositionsführer Friedrich Merz sprach nicht wie üblich als Erster, sondern weit nach Kanzler Olaf Scholz. Da der ihn schwer angegangen hatte, wurde eine scharfe Entgegnung des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden erwartet. Die jedoch blieb aus, und das nicht ohne Grund: Merz hat gerade nicht viel, mit dem er punkten kann.

    Die Asylpolitik ist zurzeit das alles dominierende Thema

    Die Asylpolitik ist das alles dominierende Thema und damit eines, mit dessen Hilfe aus ambitionierten Politikern Kanzlerkandidaten und später Regierungschefs werden. Merz machte es zunächst gut und erweckte den Eindruck, er treibe die Ampel vor sich her. Bis zum Dienstag, da zerstörte Innenministerin Nancy Faeser dieses Bild nachhaltig.

    Strenge Kontrollen an allen deutschen Grenzen hatte die SPD-Politikerin im Auftrag von Scholz bereits verkündet, da legte sie noch nach: Schnelle Asylverfahren in Grenznähe soll es geben. Damit okkupiert die Ampel ein Thema, das eine Erfindung von CDU und CSU ist. 2018 wollte die Union „Transitzentren“ einrichten, um Migranten von der Einreise nach Deutschland abzuhalten. Vorläufer waren die „Anker-Zentren“, die der damalige Innenminister Horst Seehofer (CSU) ins Spiel brachte. Es war womöglich der letzte Trumpf, den Merz noch hätte ausspielen können.

    Olaf Scholz zeigte die Größe, die Friedrich Merz nun vermissen lässt

    Der Kanzler hatte beim gesellschaftlich so bedeutenden Thema Asylpolitik die Hand ausgestreckt, weil er gerne Regierung und die größte Oppositionsgruppe gemeinsam hinter der Asylwende versammeln wollte. Er zeigte damit die staatsmännische Verantwortung, die der CDU-Vorsitzende nun missen lässt.

    Merz wertete die Offerte von Scholz als Schwäche. Ein großer Fehler. Denn der CDU-Vorsitzende hat in der Asylpolitik keine Argumente mehr. Alle europarechtskonformen Vorschläge sind auf dem Tisch. Merz bleiben nur noch Maximalforderungen. Eine wäre ein absoluter Einreisestopp. Der Sauerländer will ihn nicht, weil er um die Notwendigkeit von Einwanderung weiß; in der Generaldebatte etwa lenkte er den Blick erneut auf die Bedarfe im Arbeitsmarkt. Außerdem wäre solch eine Forderung zu nah an der AfD.

    Eine andere wären Obergrenzen für den Flüchtlingszuzug. Die will Merz auch nicht, weil sie in der Praxis unmöglich einzuhalten sind. Vor allem aber würde er seinem schärfsten Konkurrenten in der K-Frage auf den Leim gehen. CSU-Markus Söder unterbietet sich mit immer neuen Zahlen. Folgt Merz dieser Argumentation, wäre der Bayer das Original und er nur das Abziehbild.

    Eingekeilt zwischen AfD, Ampel und Söder: Merz droht Isolation

    Nach der Brandenburg-Wahl am 22. September wollen Merz und Söder klären, wer für die Union als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf zieht. Bis dahin ist Merz mit allen Kräften bemüht, einen Konflikt in der Union unterm Deckel zu halten, der bislang nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit nur schwelt, ihn aber vernichten könnte: Präsidium und Bundesvorstand der CDU sind sich darin einig, dass sie die Migration nicht zum Spitzenthema des Wahlkampfs machen wollen. Die CSU hingegen sieht das ganz anders. Merz‘ Problem ist, dass seine Leute an der Basis das womöglich genau so sehen und sich auf Söders Seite schlagen könnten. Eindämmen kann der CDU-Vorsitzende Merz den Schwelbrand nur, wenn er Spitzenkandidat ist, bevor über die Wahlkampfstrategie entschieden wird. 

    Derzeit stellt sich allerdings die Frage, ob er das überhaupt wird. Hätte Merz Kompromissfähigkeit gezeigt und Mut zur Zusammenarbeit bewiesen – beides gehört zur Jobbeschreibung eines Kanzlers dazu – wäre das zum Vorteil des Landes und seiner Karriere gewesen. So aber steht er da, eingekeilt zwischen Söder, der AfD und der Ampel. Was ihm droht, nennt der Duden „Vereinzelung eines Individuums innerhalb einer Gruppe“. Oder kurz gesagt: Isolation.

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