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Kommentar: Mit einer Steuer für Krisengewinner würde die FDP ihr Wahlversprechen brechen

Kommentar

Mit einer Steuer für Krisengewinner würde die FDP ihr Wahlversprechen brechen

Rudi Wais
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    SPD und Grüne fordern eine Übergewinnsteuer für Unternehmen, die besonders vom Ukrainekrieg profitieren. Das soll besonders die Ölkonzerne treffen.
    SPD und Grüne fordern eine Übergewinnsteuer für Unternehmen, die besonders vom Ukrainekrieg profitieren. Das soll besonders die Ölkonzerne treffen. Foto: Bernd Weißbrod, dpa (Archivbild)

    Ein Gespenst geht um in Deutschland: das

    Für das Durchsetzen hehrer moralischer Ziele ist das Steuerrecht das denkbar falsche Instrument. Es fragt nicht, ob ein Gewinn mit dem Verkauf von Kampfpanzern, mit einem veganen Imbiss oder dem Bau von Solaranlagen erwirtschaftet wurde. Vor dem Finanzamt sind aus guten Gründen alle gleich und auch Waffenschmieden, Bordelle oder Mineralölkonzerne nichts anderes als Unternehmen, die am Ende eines Geschäftsjahres mehr eingenommen als ausgegeben haben und diese Differenz nun versteuern müssen. Rein rechtlich könnte die Bundesregierung zwar versuchen, wie einige andere Länder auch, die Kriegs- und Krisengewinnler höher zu belasten als andere Firmen. Politisch aber käme sie damit in Teufels Küche.

    Wer gilt überhaupt als Krisenprofiteur?

    Ganz abgesehen davon, dass die meisten Ölkonzerne ihren Sitz gar nicht in Deutschland haben und es auch äußerst schwer zu berechnen ist, wo ein „normaler“ Gewinn endet und ein Übergewinn beginnt: Wer wäre am Ende eigentlich ein Krisenprofiteur im Sinne des Gesetzes? SPD-Chef Lars Klingbeil und die Grünen wollen vor allem die Mineralölindustrie treffen. Auf der anderen Seite aber hat eine andere Krise, die Pandemie, ebenfalls eine Reihe von Krisengewinnlern produziert – große Versandhändler wie Amazon, zum Beispiel, aber auch ein Ehepaar wie die Biontech-Gründer Ugur Sahin und Özlem Türeci, die mit ihrem Impfstoff Milliarden gemacht haben. Soll ihr Übergewinn für den Fiskus tabu sein, nur weil er einer guten Sache dient, nämlich unser aller Gesundheit? Und ist der Export von Waffen in die Ukraine per se ein anrüchiges, also höher zu besteuerndes Geschäft – oder dient er nicht auch einer guten Sache, nämlich dem Widerstand gegen den Imperialismus eines Wladimir Putin?

    Hier eine Grenze zwischen „guten“ und „schlechten“ Gewinnen zu ziehen, ist praktisch unmöglich. Ja, die Ölmultis haben aus der Not ein Geschäft gemacht und geben den Tankstellenrabatt nur zum Teil an ihre Kunden weiter – das zu unterbinden aber ist nicht die Aufgabe des Bundesfinanzministers, sondern des Bundeskartellamtes, das dieser Aufgabe nur leider nicht entschlossen genug nachkommt. Außerdem werden die Übergewinne natürlich wie jeder andere Gewinn auch heute schon besteuert, je nach Höhe und Unternehmensform mit Sätzen von weit über 40 Prozent. Und anders als im notorisch klammen Italien ist eine Sondersteuer in Deutschland auch nicht nötig, um die Kosten der Krise abzumildern und die Staatsfinanzen zu stabilisieren. Die jüngste Steuerschätzung erwartet bis 2026 Mehreinnahmen von rund 220 Milliarden Euro.

    Die FDP schloss im Wahlkampf Steuererhöhungen aus

    Mit seiner Forderung nach einer speziellen Steuer für Krisengewinnler legt Klingbeil überdies die Axt an das Fundament der Ampelkoalition. Würde sie eingeführt, bliebe der FDP nichts anderes übrig, als das Bündnis stehenden Fußes zu verlassen. So wie die Sozialdemokraten im Wahlkampf einen Mindestlohn von zwölf Euro und die Grünen ein milliardenschweres Klimapaket versprochen haben, haben die Liberalen Steuererhöhungen für diese Wahlperiode strikt ausgeschlossen. Mit einem Ja zu einer neuen Steuer, und sei sie noch so gering, würden sie ihr zentrales Wahlversprechen brechen – ein Risiko, das Parteichef Christian Lindner kaum eingehen wird.

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