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Kommentar: Der Fall Graichen: So riskiert Robert Habeck die Energiewende

Kommentar

Der Fall Graichen: So riskiert Robert Habeck die Energiewende

Michael Stifter
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    Wirtschaftsminister Robert Habeck ist durch den "Fall Graichen" schwer in die Defensive geraten.
    Wirtschaftsminister Robert Habeck ist durch den "Fall Graichen" schwer in die Defensive geraten. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Patrick Graichen war Robert Habecks wichtigster Mann für die Energiewende und wurde zum größten Problem des Wirtschaftsministers: Am Mittwoch nahm der Grünen-Politiker den Notausgang und setzte seinen engen Vertrauten nach zu langem Zögern doch noch vor die Tür. Der Staatssekretär genoss im Ministerium Freiheiten wie kein anderer und man muss ganz klar feststellen: Er konnte nicht damit umgehen. 

    Graichen hat maßgeblich dazu beigetragen, dass in Deutschland die Lichter nicht ausgegangen sind, trotzdem war er untragbar geworden. Am Ende stolperte er über immer neue Ungereimtheiten bei der Vergabe von Stellen und Aufträgen – und die Grünen haben sich das Eigentor des Jahres geschossen. Anstatt über die dringend notwendige „Wärmewende“ und die Fragen, wie wir uns unabhängig von Gas und Öl machen und mehr für den Klimaschutz tun können, reden alle über Vetternwirtschaft und grünen Filz. Was für ein Desaster.

    Robert Habeck und die Ampel haben die Wärmewende durch eigene Fehler verstolpert

    Trotz aller Querschüsse aus der FDP hätte die Ampel-Koalition in Sachen Energiewende mehr erreichen können als alle Bundesregierungen vor ihr. Doch durch handwerkliche Fehler, lustlose Kommunikation und undurchsichtige Netzwerke im Hintergrund haben Habeck und seine Leute die eigenen Pläne in Misskredit gebracht – und den Rückhalt in der Bevölkerung dafür verloren. 

    Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Opposition, vor allem CSU und CDU, seit Wochen in irritierender Weise aus purem Eigennutz Stimmung gegen mehr Klimaschutz macht – als sei das nur ein Thema für irgendwelche vermeintlichen Öko-Spinner.

    Es ist das gute Recht der politischen Konkurrenz, Fehler der Regierung hart zu kritisieren, sie für eigene Zwecke auszuschlachten. Habeck sollte da auch nicht zu dünnhäutig sein. Denn selbstverständlich muss er sich vorwerfen lassen, zu wenig investiert zu haben, um die Deutschen für seine ambitionierten Pläne zu gewinnen. 

    Die Bürger fühlen sich bei der Energiewende im Stich gelassen

    Viele Bürgerinnen und Bürger bekommen es mit der Angst zu tun, wenn sie lesen, dass sie zehntausende Euro in neue Heizungen investieren müssen, die bei den meisten eben nicht auf dem Festgeldkonto herumliegen. Ja, Klimaschutz verlangt Opfer, auch finanzielle. Doch die Sorgen in der Bevölkerung sind vor allem das Ergebnis von fehlender Überzeugungsarbeit, fehlendem Verständnis für die Situation vieler Menschen, die ohnehin schon an die Grenzen ihrer finanziellen Belastbarkeit kommen. Es wirkt überheblich und ignorant, wenn man das alles einfach wegwischt, weil es bei der Rettung des Planeten ja um eine gute Sache gehe.

    Dass CDU, CSU und selbst Vertreter der regierenden FDP nun aber ernsthaft so tun, als müsse nur endlich dieses vermaledeite Heizungsgesetz gestoppt werden und dann sei doch alles wieder gut, ist genauso armselig wie die Unterstellung, das Wirtschaftsministerium sei in die Fänge eines kriminellen Familienclans geraten.

    Patrick Graichen muss gehen: Die Opposition liefert keine brauchbaren Alternativen

    Wo sind denn die Ideen von Friedrich Merz, Markus Söder oder Christian Lindner, wie wir uns schnell unabhängig machen von Despoten, die auf Gas oder Öl sitzen, und wie dieses Land seine selbst gesetzten Klimaziele erreichen soll? 

    Habecks Gegner haben ihr erstes Ziel erreicht, „Mister Energiewende“ Patrick Graichen ist seinen Job los und der Minister schwer in der Defensive. Im zweiten Schritt wird man versuchen, das Gesetz, das mit dem geschassten Staatssekretär verbunden wird, auszubremsen. Nur, was kommt dann?

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