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Kommentar: Merz versucht es offenbar verstärkt am rechten Rand – mit mäßigem Erfolg

Kommentar

Merz versucht es offenbar verstärkt am rechten Rand – mit mäßigem Erfolg

Stefan Lange
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    Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz steht wegen seiner Äußerungen zu Migrantenfamilien in der Kritik.
    Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz steht wegen seiner Äußerungen zu Migrantenfamilien in der Kritik. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Bevor sich die CDU-Spitze in Weimar am Freitag zur zweitägigen Klausur versammelte, ging es zum Fototermin nach Eisenach auf die Wartburg. Für Parteichef Friedrich Merz mag das ein gutes Omen sein. Im Jahr 2002 besuchte Angela Merkel die historische Stätte, sie war damals CDU-Vorsitzende und wurde dann das, was Merz wohl werden möchte, Kanzler also. Doch 15 Monate nach der bitteren Wahlniederlage und dem Verlust des Kanzleramtes läuft es noch nicht rund für die CDU. Der von Merz versprochene Neustart zieht sich.

    Wer dieser Tage mit CDU-Abgeordneten spricht, blickt in vergleichsweise zufriedene Gesichter. Viele von ihnen haben nach vielen Jahren in der Regierung erstmals wieder ruhige Feiertage verlebt. Opposition ist eben nicht nur Mist, sie führt auch zu einem spürbaren Freizeitgewinn. Nicht mehr direkt gestalten zu können, dieser Stachel sitzt immer noch, schmerzt aber nicht mehr so heftig wie noch vor einem Jahr. Diese relative Zufriedenheit herrscht allerdings nur in der Fraktion.

    Merz versucht es offenbar verstärkt am rechten Rand

    Selbst solche, die Merz bei seinen drei Kandidaturen für den Parteivorsitz unterstützten, sind ungehalten. Der Chef trennte sich nach nur neun Wochen von Büro- und Leitungsstab-Chefin Andrea Verpoorten. Später entband er Marian Bracht von den Aufgabe des Büroleiters. Noch frisch ist die Trennung von Kathrin Degmair, Leiterin Strategische Planung und Kommunikation, die Merz erst im Oktober eingestellt hatte. Solche Personalien sorgen für Unruhe und lassen manche mit Sorge auf den Führungsstil von Merz blicken. Hinzu kommt, dass die interne Kritik an Generalsekretär Mario Czaja nicht abreißt. Auch die in Sichtweite der Zentrale liegende Konrad-Adenauer-Stiftung steht im Fokus. Sie habe viel Geld, sei aber nur wenig effizient, heißt es.

    In der Partei warten sie, dass Merz Leitplanken einzieht und die Abgrenzung zu den anderen Parteien markiert. Leicht ist das nicht in Zeiten, in denen sich die vermeintlichen Ökos von den Grünen für Stromerzeugung aus Atom und Kohle begeistern und die SPD ein schärferes Waffenrecht fordert. In der Mitte ist immer weniger Platz für die CDU, Merz versucht es offenbar verstärkt am rechten Rand.

    Friedrich Merz muss bald die richtige Kurve bekommen

    Wer seine Bemerkung vom „Sozialtourismus“ bei geflüchteten Ukrainern für einen Ausrutscher hielt, wird sich nach seinem jüngsten Auftritt bei Markus Lanz eines anderen belehrt sehen. Merz sprach dort mit Blick auf die Ausschreitungen in der Silvesternacht „über Leute, die eigentlich in Deutschland nichts zu suchen haben“. An Grundschulen seien insbesondere Lehrerinnen nahezu jeden Tag Gewalt ausgesetzt und müssten sich von den Vätern dieser „kleinen Paschas“ auch noch heftige Kritik gefallen lassen, wenn sie sich dagegen wehrten.

    Die Abgeordnetenhauswahl Mitte Februar in Berlin wird ein erstes Indiz liefern, ob der Rechtsabbieger Merz den richtigen Kurs steuert. Der richtig große Stimmungstest steht im Herbst an, wenn in Hessen ein neuer Landtag gewählt wird. Die Mitglieder erwarten von Merz bis dahin erstens neue Gesichter – bisher trat er vor allem solo auf – und zweitens Themen, die „Made in CDU“ sind. Das neue Grundsatzprogramm kommt erst 2024, das ist zu spät. Merz muss vorher die richtige Kurve bekommen.

    Den Kritikerinnen und Kritikern geht es noch nicht darum, den Vorsitzenden abzusägen. Sollte die Unzufriedenheit jedoch andauern, kommt womöglich wieder die Geschichte ins Spiel; die Kombination Merkel und 2002 kann für Merz eben auch ein schlechtes Omen sein. Sie verdrängte ihn seinerzeit von der Fraktionsspitze, ein Machtkampf begann. Er mündete in den überraschenden Rückzug von Merz aus der großen Politik.

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