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Kommentar: Machtprobe in der Ampel: Christian Lindner ist kein James Dean

Kommentar

Machtprobe in der Ampel: Christian Lindner ist kein James Dean

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    Links FDP-Chef Lindner, rechts Schauspieler James Dean, auf ewig der aufsässige Teenager.
    Links FDP-Chef Lindner, rechts Schauspieler James Dean, auf ewig der aufsässige Teenager. Foto: dpa (Archivbilder)

    Immer stärker erinnert die Machtprobe in der Ampel an die Mutprobe aus dem Hollywood-Klassiker "Denn sie wissen nicht, was sie tun". In der Schlüsselszene tragen der vom legendären James Dean verkörperte Held und sein fieser Widersacher ein sogenanntes Hasenfußrennen aus. Beide rasen in gestohlenen Autos auf eine Klippe zu, wer als Erster rausspringt, ist der Feigling und hat demnach verloren.

    Links FDP-Chef Lindner, rechts Schauspieler James Dean, auf ewig der aufsässige Teenager.
    Links FDP-Chef Lindner, rechts Schauspieler James Dean, auf ewig der aufsässige Teenager. Foto: dpa (Archivbilder)

    Das Spielchen zwischen der FDP auf der einen und SPD und Grünen auf der anderen Seite hat zwar andere Regeln, folgt aber der gleichen Todesverachtungs-Logik, die letztlich auch die nukleare Abschreckung im Kalten Krieg prägte: Sind wir halt ausgelöscht. Ihr aber erst recht! Christian Lindner und seine Liberalen entwerfen ein Szenario, in dem sie die Ampelkarre in den Abgrund fahren, indem sie selbst bei voller Fahrt herausspringen. Es sei denn natürlich, Grüne und SPD geben klein bei und akzeptieren ihre Bedingungen: Schluss mit der abschlagsfreien Rente mit 63, schärfere Sanktionen für störrische Bürgergeldempfänger, ein Ende der Förderung von erneuerbaren Energien und dergleichen mehr.

    Der Vergleich der FDP-Forderungen mit dem Lambsdorff-Papier hinkt

    Bewusst ist der Forderungskatalog zum Parteitag am Wochenende im Stil des "Lambsdorff-Papiers" gehalten, das 1982 das Ende der sozialliberalen Koalition und den Schwenk der FDP hin zu Helmut Kohl und der Union begründete. Doch 42 Jahre später ist die Situation eine ganz andere. Für eine schwarz-gelbe Regierung reicht es nicht annähernd. Neuwahlen wären fast unausweichlich und für SPD und Grüne jeweils unangenehm, aber längst nicht so existenzbedrohend wie für die FDP. Denn wenn die jetzt wirklich die Bundesregierung platzen lässt, könnte ihr selbst angezetteltes Feiglingsrennen so tödlich enden wie jenes im Film. Bei einer außerplanmäßigen Bundestagswahl wäre nämlich nicht gewiss, dass die FDP überhaupt die Fünfprozenthürde überwindet. 

    Natürlich ist auch den liberalen Strategen klar, dass weder SPD noch Grüne ihre eigene Anhängerschaft auf die Palme treiben werden, indem sie Kernpositionen opfern. Ein Koalitionsbruch ist für die FDP also zumindest zum jetzigen Zeitpunkt keine echte Option. Christian Lindner und die Seinen wissen vermutlich sehr wohl, was sie gerade tun: Sich nach innen ihrer Glaubenssätze versichern, sich nach außen möglichst stark als Gegenpol zum rot-grünen Teil der Ampel inszenieren und sich strategisch an die Union ranwanzen. Für die glaubhafte Inszenierung eines echten Hasenfußspiels, fürs ganz große Rebellenkino, fehlt den Liberalen zumindest im Augenblick schlichtweg die Substanz. 

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