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Kommentar: Lindners Lehrzeit ist vorbei: Die FDP wächst in die Rolle der Vernunft

Kommentar

Lindners Lehrzeit ist vorbei: Die FDP wächst in die Rolle der Vernunft

Rudi Wais
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    Christian Lindner wurde beim Parteitag der Liberalen als Parteichef bestätigt. In der Ampel trägt er viele Konflikte aus, vorallem mit den Grünen.
    Christian Lindner wurde beim Parteitag der Liberalen als Parteichef bestätigt. In der Ampel trägt er viele Konflikte aus, vorallem mit den Grünen. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Es gibt ein Leben nach der Niederlage. Vier Wahlen hat die FDP im vergangenen Jahr in den Sand gesetzt, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ist sie aus den Landesregierungen geflogen, in Niedersachsen hat sie den Wiedereinzug in den Landtag verpasst, und im Saarland einer langen Leidensgeschichte fünf weitere Jahre in der außerparlamentarischen Opposition hinzugefügt. Doch obwohl sich diese Serie mit mageren 4,8 Prozent bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im Februar noch fortgesetzt hat, verliert die Bundespartei nicht die Nerven. Im Gegenteil. Fast scheint es so, als hätte sie diese Dämpfer gebraucht, um ihre Rolle als Korrektiv der Vernunft in der Ampelkoalition zu finden. Um zu erkennen, dass Regieren kein Selbstzweck ist, sondern häufig ein Kampf mit harten Bandagen.

    Der Heizungsstreit steht sinnbildlich für viele Konflikte der Ampel

    Der Streit um den Austausch alter Heizungen steht dabei sinnbildlich für viele Konflikte zwischen Grünen, Sozialdemokraten und Liberalen. Hier zwei linke Parteien, die auf die Regelungsmacht des Staates setzen und die Menschen damit zunehmend verunsichern – dort eine im Herzen bürgerliche Partei, die zwar nicht alles verhindern, aber vieles entschärfen kann. Mit der FDP in der Ampel, hat Parteichef Christian Lindner versprochen, werde Deutschland nicht nach links rücken, sondern ein Land der Mitte bleiben.

    Deshalb, vor allem, grenzt er die Partei jetzt schärfer von den Grünen ab als in den ersten Ampelmonaten, in denen die FDP im Baerbock-Habeck-Hype kaum wahrgenommen wurde. Und deshalb hat Lindner nach der Wahl auch alles daran gesetzt, das Finanzministerium nicht Robert Habeck zu überlassen. Der darf sich zwar Vizekanzler nennen, faktisch aber ist der Finanzminister in jeder Koalition der Nebenkanzler, weil er die Hand auf der Kasse hat.

    Die FDP darf keine Dagegen-Partei werden

    Gleichwohl bewegt Lindner sich auf einem schmalen Grat. Einerseits soll er den Grünen die Stirn bieten, andererseits aber darf die FDP nicht das werden, was sie den Grünen im Wahlkampf vorgeworfen hat – eine Dagegen-Partei. Im Heizungsstreit heißt das, dass auch Lindner der Meinung ist, dass mit Öl und Gas befeuerte Anlagen keine Zukunft mehr haben, dass ihr Austausch aber gestreckt, finanziell abgefedert und offen für neue Technologien sein muss. Hier wird Politik sehr schnell sehr konkret. Und hier ist die FDP der Mitte, die sie verteidigt, noch einige Antworten schuldig: Zeitpläne, Zuschüsse, Härtefallregelungen. Antworten, die sie Grünen und Roten erst noch abringen muss.

    Lindner wurde mit großer Mehrheit als liberaler Parteichef bestätigt

    So sehr weite Teile der liberalen Basis mit der Ampel hadern, mit der gefühlten Dominanz der Grünen und der Unentschlossenheit des Kanzlers, so loyal steht die Partei dennoch hinter Lindner, der die FDP nach vier Jahren im politischen Abseits erst zurück in den Bundestag und dann auch in eine Regierung geführt hat. Er ist, wenn man so will, die FDP – und gemessen an dem schwierigen Jahr, das sie hinter sich hat, mit einem ordentlichen Ergebnis von 88 Prozent wiedergewählt worden.

    Die nächste Abstimmung um die Mitte in Deutschland, vulgo: Bundestagswahl, hat Lindner allerdings noch nicht gewonnen, weil die FDP in wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen heute größere Schnittmengen mit den Grünen hat als mit anderen Parteien, etwa bei der Freigabe von Cannabis, mit ihrem dehnbaren Familienbegriff oder bei der Reform des Wahlrechts. Ob sie dafür gewählt wird? Unklar. Koalitionen mit der Union, lange Zeit der natürliche Partner der Liberalen, werden dadurch jedenfalls nicht einfacher.

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