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Kommentar: Zur Meinungsfreiheit gehört auch die Freiheit, jemanden zu hassen

Kommentar

Zur Meinungsfreiheit gehört auch die Freiheit, jemanden zu hassen

Rudi Wais
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    Hass im Netz ist ein großes Problem - aber nicht zwingend strafbar.
    Hass im Netz ist ein großes Problem - aber nicht zwingend strafbar. Foto: Fabian Sommer, dpa/dpa-tmn

    Das Internet war noch gar nicht erfunden, als der Hass in Deutschland bühnentauglich wurde. „Hassen, ganz hässlich hassen“, sang die Band D.Ö.F. 1983. “Ich kann’s nicht lassen: Ich bin der Hass!“

    Inzwischen bieten die großen Plattformen von Facebook über X bis Tiktok dem Hass eine Bühne, von der sich der Großteil des Publikums zwar angeekelt abwendet, deren Aufführungen eine aufgeklärte Gesellschaft aber auch ertragen muss. Juristisch zu fassen ist der Hass nur schwer. Ein Fall für die Gerichte wird er erst, wenn er die Rechte anderer berührt, indem er beleidigend oder stalkend wird, wenn er den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt oder den Holocaust leugnet. Die Freiheit der Meinungen, für jeden demokratischen Staat konstitutiv, schließt auch die Freiheit mit ein, andere zu hassen. Und diese Freiheit muss man als Bürger auch aushalten können.

    Trotzdem suggerieren die Europäische Union und die Bundesregierung, mit neuen Meldestellen für einschlägige Beiträge ließen sich Hass und Hetze im Internet Netz signifikant zurückdrängen und das Netz irgendwie anständiger oder gar „sauberer“ machen. Das aber ist nicht nur wegen der schieren Menge an solchen Posts und Videos ein ausgesprochen naives Unterfangen, sondern ein juristisch heikles obendrein.

    Es gibt bereits eine Meldestelle – die Polizei

    Aktuelle Zahlen der Meldestelle „Respect!“ zeigen: Weit über die Hälfte der ihr gemeldeten Beiträge ist keineswegs illegal, sondern bewegt sich trotz einer teils üblen Diktion noch im Spektrum der freien Meinungsäußerung. Zugleich drohen den Betreibern der Plattformen aber hohe Geldstrafen, wenn sie nicht entschlossener gegen Hass und Hetze in ihren Portalen vorgehen. Im Ergebnis wird das dazu führen, dass auch ohne entsprechende Gerichtsbeschlüsse lieber ein Beitrag zu viel als einer zu wenig gelöscht und die Freiheit der Meinungen untergraben wird. Die Meldestellen, die so genannten „Trusted Flaggers“, und die sie beaufsichtigende Bundesnetzagentur liefern für derart massive Eingriffe in die Grundrechte des Einzelnen in missionarischem Eifer nun auch noch die Vorlagen.

    Die Meinungsfreiheit zu schützen ist eine ureigene staatliche Aufgabe und nicht die einer Stiftung aus dem Wirkungskreis der baden-württembergischen Diakonie, die seit Anfang Oktober die ersten deutschen „Trusted Flagger“ stellt. Wer sich beleidigt, verfolgt oder in seiner Ehre gekränkt fühlt, dem steht in einem demokratischen Rechtsstaat der Rechtsweg offen – und zwar ohne Umweg über eine Meldestelle. Diese Mühe aber muss man sich als Betroffener dann auch machen. Spezielle Einheiten bei der Polizei und neue Schwerpunktstaatsanwaltschaften könnten darüber hinaus versuchen, aus den Untiefen des Netzes herausfiltern, was antisemitisch, volksverhetzend oder sonstwie justiziabel ist. Das Internet ist schließlich kein rechtsfreier Raum.

    Mehr als die Hälfte der Deutschen hat schon jetzt das Gefühl, man könne seine Meinung heute nicht mehr frei äußern. Einrichtungen wie die Meldestellen werden dieses Gefühl noch verstärken, weil sie vor allem auf Inhalte aus dem rechten Spektrum achten und keine saubere Grenze zwischen unliebsamen und unzulässigen Meinungsäußerungen ziehen können. So entsteht eine denunziatorische Grauzone im Netz, in der nicht nur strafrechtlich relevante, sondern auch politisch missliebige, aber erlaubte Äußerungen unter Hass-Verdacht geraten und aus dem öffentlichen Diskurs verschwinden. Außerdem gibt es für alles potenziell Strafbare, auch im Netz, bereits eine Meldestelle: die Polizei.

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    6 Kommentare
    Marianne Böhm

    Hass ist eine Emotion wie Wut, Freude usw.. Ab dem Kindesalter wird man zu einen sozialen Miteinander erzogen, die Eltern, Gesellschaft haben einen Erziehungsauftrag. Mit jeder Generation wurde diese ausgehebelt. Leider ist dieser Auftrag an der Unfähigkeit der Eltern und einer Antiautoritären Erziehung gescheitert.. Die Tochter wurde zur besten Freundin, der Sohn zum besten Kumpel. Das ICH kann und darf alles und hat eine neue Form von Egoismus, Narzissmus erschaffen. Für Jugendliche, Erwachsene die keine Grenzen kennen, bietet Tiktok, X usw. eine anonyme Plattform in der sie ihre Wut, Hass alles rauslassen können, sie wollen dass andere die gleiche Angst verspüren wie sie. Gestern hieß es.. die Jugend von heute hat Angst vor Krieg und Armut.. aber sie gehen Positiv in ihre Zukunft. Was für eine irre Aussage.. sie müssen ihre Angst leugnen damit Politik und Gesellschaft zufrieden sind. Deutschland und seine Politik, ein Land und Volk ohne Herz und krank wie noch nie.

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    Martin Goller

    Warten Sie mal, ich ruf kurz in Auschwitz an - scheinbar ist das deutsche Volk heute krank wie nie...

    Marianne Böhm

    Was soll dieser Kommentar.. das verbiete ich mir..... genau das ist krank..!

    Martin Goller

    Ich verbitte mir ihren Kommentar dass die heutige Generation und Gesellschaft krank ist. Zehntausende Mitbürger entrechten und versklaven, Millionen ins Gas schicken, Kinder schlagen, Frauen verbieten ein Konto zu haben und zum Eigentum des Mannes zu machen - Das ist krank! Die Jugend ist positiv gestimmt - DAS IST IHR PROBLEM???

    Thomas Faßnacht

    Die Polizei, als ob sie mit Kinderpornographie, Onlinebetrug usw. nicht schon mehr als genug zu tun haben, soll nun auch noch mit "Spezialeinheiten" das Netz durchkämmen um aus den Untiefen des Netzes herausfiltern, was antisemitisch, volksverhetzend oder sonstwie justiziabel ist" statt dass der mündige Bürger selbst an den Betreiber meldet oder eben auch an die Meldestellen die 'vorsortieren' ? Dass diese "vor allem auf Inhalte aus dem rechten Spektrum achten" ist eine Unterstellung, der Vorwurf dass sie "keine saubere Grenze zwischen unliebsamen und unzulässigen Meinungsäußerungen ziehen können" ist insofern unredlich weil Herr Wais in seinem *Artikel zu dem Thema* einen Experten zitiert dass es teils "(s)elbst für einen geschulten Strafrechtler (...) Differenzierung schon schwierig" ist.

    Thomas Faßnacht

    Ich sehe eher solche Kommentare als Antreiber für "das Gefühl, man könne seine Meinung heute nicht mehr frei äußern" da es dem Leser ein falsches Bild vermittelt. Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ist keine Verpflichtung für *private Betreiber*, alles zu veröffentlichen - so wie z. B. die Augsburger Allgemeine ja auch Kommentare erst durch einen Moderator freigegeben lässt. Meinungsfreiheit sagt (in groben Zügen) dass der *Staat* mir nicht verbieten darf etwas zu äußern, es schliesst jedoch nicht die Pflicht ein, dass man mir zuhört. PS: Und anders als in den USA steht die Meinungsfreiheit (GG §5) auch nicht an erster Stelle, sondern die Würde des Menschen (GG §1).

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