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Kommentar: Langfristig muss die Ukraine in die Nato

Kommentar

Langfristig muss die Ukraine in die Nato

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    Will möglichst schnell in die Nato: der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
    Will möglichst schnell in die Nato: der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Foto: Ukrainian Presidential Press Off, Uncredited, dpa

    Jens Stoltenberg brauchte für das Drama keine Inszenierung. Anders als Russlands Präsident Wladimir Putin, der am vergangenen Freitag mit einer pompösen Zeremonie im goldgeschmückten Georgssaal des Kremlpalasts die illegale Annexion von vier ukrainischen Gebieten feierte, genügten die Aussagen des Nato-Generalsekretärs, dass sie auch im schmuck- und fensterlosen Pressesaal des Brüsseler Hauptquartiers eindringlich klangen. Es handele sich beim Vorgehen Moskaus um „die schwerste Eskalation seit Beginn der Invasion am 24. Februar“, sagte Stoltenberg. Dies sei „ein entscheidender Moment“.

    Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretär, sichert der Ukraine weitere Unterstützung zu. Auf den Wunsch eines beschleunigten Beitrittt des Landes in die Allianz reagierte er allerdings zurückhaltend.
    Jens Stoltenberg, Nato-Generalsekretär, sichert der Ukraine weitere Unterstützung zu. Auf den Wunsch eines beschleunigten Beitrittt des Landes in die Allianz reagierte er allerdings zurückhaltend. Foto: Olivier Matthys, AP

    Den nutzte wiederum Wolodymyr Selenskyj für einen kühnen Schachzug: Der ukrainische Präsident unterschrieb den Antrag für einen beschleunigten Nato-Beitritt. In seiner Antwort betonte Stoltenberg die Politik der offenen Tür des Verteidigungsbündnisses. Das Aber verpackte er in den Hinweis auf das Nato-Regelwerk. Eine Entscheidung über die Mitgliedschaft müsse von allen 30 Verbündeten getroffen werden, so der Norweger. Übersetzt bedeutete das ein höfliches Nein.

    Auch wenn sich gerade neun mittel- und osteuropäische Verbündete in einer gemeinsamen Erklärung dafür aussprachen, Kiew den Weg zur Nato-Mitgliedschaft zu ebnen, liegen die Chancen auf einen baldigen Beitritt bei null.

    Das ist vorneweg dem Konsens geschuldet, dass kein Land aufgenommen wird, das sich in einer ungelösten territorialen Konfliktsituation befindet. Gleichwohl betonte Stoltenberg, man müsse die Ukraine weiter unterstützen und dürfe sich nicht vom nuklearen Säbelrasseln Putins davon abhalten lassen.

    Putin hatte nicht mit der Geschlossenheit der Nato gerechnet

    Putin hatte erwartet, dass sich die Nato in zwei Lager, hier die knallharten Falken, dort die samtweichen, zaudernden Tauben, aufteilen würde. Stattdessen hat die Allianz durch ihr geschlossenes, selbstbewusstes Auftreten ihre Daseinsberechtigung wiederentdeckt. Die Ukraine muss nicht nur von der EU, sondern auch vonseiten der Nato politisch enger an den Westen angebunden werden. Denn der Nationalismus und die imperialistischen Großmachtfantasien des russischen Aggressors werden auch in Zukunft die euro-atlantische Sicherheitsordnung infrage stellen und auf eine Destabilisierung der Ukraine abzielen, unabhängig davon, wie der Krieg endet.

    Bislang hält sich das Bündnis so weit wie möglich aus dem Rampenlicht heraus. Es sind die 30 Mitgliedstaaten, die militärische Ausrüstung und nachrichtendienstliche Erkenntnisse bereitstellen und die Ausbildung der ukrainischen Streitkräfte übernehmen.

    Will möglichst schnell in die Nato: der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
    Will möglichst schnell in die Nato: der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Foto: Ukrainian Presidential Press Off, Uncredited, dpa

    Die Hilfe aus dem Westen wäre ohne das Bündnis weit weniger wirksam. Immerhin hat es ein grundeigenes Interesse daran, die Streitkräfte des Kremls aus ihrem Hoheitsgebiet zu verdrängen, einige Partner wie die Balten fürchten um ihre Existenz. Dass die Nato-Länder zumindest viel daran setzen, einen Sieg Russlands zu verhindern, ist alternativlos. Doch die Allianz sollte heute schon darüber nachdenken, wie sie sowohl die politische Unabhängigkeit als auch die territoriale Integrität der Ukraine über den derzeitigen Krieg hinaus gewährleisten kann. Das wird auf lange Sicht nur über eine Aufnahme der Ukraine gelingen.

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