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Kommentar: Kurs auf starke Opposition: Wie lange hält die Harmonie in der CDU?

Kommentar

Kurs auf starke Opposition: Wie lange hält die Harmonie in der CDU?

Stefan Lange
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    CDU-Chef Friedrich Merz will die CDU neu aufstellen und wieder in die Regierung führen.
    CDU-Chef Friedrich Merz will die CDU neu aufstellen und wieder in die Regierung führen. Foto: Oliver Dietze, dpa

    Die Sache mit den Durchstechereien hat der neue CDU-Vorsitzende noch nicht im Griff. Informationen an die Medien direkt aus vertraulichen Sitzungen heraus werde es in Zukunft nicht mehr geben, hatte Friedrich Merz versprochen. Bei der CDU-Vorstandsklausur im Saarland wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer folglich gebeten, ihre Smartphones abzugeben. Einige folgten der Bitte. Andere juckten die Finger vor lauter Mitteilungsdrang so gewaltig, dass sie es doch nicht lassen konnten. Im Vergleich zu den Herausforderungen dieser Zeit ist das allerdings nur eine Petitesse. Worauf es ankommt, ist die inhaltliche Arbeit, und da ist die CDU Deutschlands gerade sehr mit sich im Reinen, wie auch auf der Tagung im kleinen Ort St. Ingbert deutlich wurde.

    Mit großer Erleichterung haben die Mitglieder verfolgt, dass Merz nach dem Partei- auch den Fraktionsvorsitz für sich beansprucht. Nur so könne die Union in ihrer Oppositionsrolle die volle Schlagkraft entfalten, ist die überwiegende Haltung. Der Sauerländer hat im Einklang mit der CSU die Fraktion neu sortiert und gleichzeitig im Konrad-Adenauer-Haus, der CDU-Zentrale in Berlin, klare Organisationsstrukturen bei flachen Hierarchien eingezogen. Die Kommunikation, berichten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sei viel schneller geworden, offenbar auch dank einiger neuer Köpfe. Darunter CDU-Generalsekretär Mario Czaja. Zusammen mit Merz hat er es hinbekommen, dass über die K-Frage seit einigen Wochen nicht mehr gesprochen wird.

    Die Stimmung in der CDU ist gut – doch jetzt kommen die Landtagswahlen

    Die Stimmung in der Partei sei gut, hört man von vielen Verantwortlichen. Einerseits müssen sie das natürlich sagen, andererseits scheint die Partei nach 16 Jahren unter der Führung von Angela Merkel nicht in das befürchtete tiefe Loch gefallen zu sein. Die Themen stehen, vor allem bei der Klima- und Energiepolitik wird sich die Ampel-Regierung in den nächsten Wochen mit bohrenden Fragen konfrontiert sehen. Merz hat auch die großen Linien in den Blick genommen, da ist zum Beispiel die elementare Frage, ob der Staat bei allen Katastrophen und Großereignissen als eine Art Vollkaskoversicherung einspringen kann und darf. Der 66-Jährige warnt hier bereits vor einer Staatswirtschaft, bei der im Gegensatz zur Marktwirtschaft relevante Entscheidungen nicht von privater, sondern von staatlicher Seite getroffen werden.

    Die zur Schau gestellte Harmonie hat Angriffsflächen, und dazu zählen die kommenden Landtagswahlen. Das Saarland haben die Christdemokraten schon fast aufgegeben. Offen sagt das keiner, aber die Chancen von Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) auf eine Wiederwahl in zwei Wochen sind nicht gut. Sollte es eine Niederlage für die CDU geben, wäre das der erste Riss in der Fassade. Schlimmer würde es für Merz, Czaja und die Partei, wenn auch die Wahlen in Schleswig-Holstein am 8. Mai sowie eine Woche später in Nordrhein-Westfalen verloren gingen. In beiden Ländern liegt die CDU in den Umfragen knapp hinter der SPD.

    Stoppt Friedrich Merz den Mitgliederschwund?

    Parteiintern wird sich der neue Vorsitzende daran messen lassen müssen, ob er den Mitgliederschwund stoppen kann. Seit 1990 hat sich ihre Zahl auf 399.000 etwa halbiert. Darunter leidet infolge fehlender Mitgliederbeiträge die Finanzkraft. Die Kampagnenfähigkeit ist ebenfalls beeinträchtigt – wer weniger Mitglieder hat, kann im Wahlkampf nicht mehr so viele Marktplätze bespielen. Merz steht zudem vor der Frage, ob die CDU noch Volkspartei sein kann, wenn sie nicht mehr in allen Bevölkerungsschichten verankert ist.

    Einen „klaren Kurs“ will der Vorsitzende mit seiner Partei steuern. Ob die Richtung stimmt, wird sich zeigen. Im Moment sieht es nicht schlecht aus, was für alle Politikinteressierten eine gute Nachricht ist. Eine starke Opposition kann der Demokratie nicht schaden.

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