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Kommentar: Der Beschluss der Bischöfe ist eine Warnung zur rechten Zeit

Kommentar

Der Beschluss der Bischöfe ist eine Warnung zur rechten Zeit

Daniel Wirsching
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    Der Beschluss der Bischöfe ist eine Warnung zur rechten Zeit
    Der Beschluss der Bischöfe ist eine Warnung zur rechten Zeit Foto: Karl-josef Hildenbrand

    Der einstimmig gefasste Beschluss der katholischen Bischöfe, vor der AfD zu warnen und sogar eine Nicht-Wahlempfehlung abzugeben, ist historisch – und wird lange nachhallen. Klar wie nie haben sie sich vor zwei Wochen in Augsburg zu dieser Partei positioniert, in der nach "mehreren Radikalisierungsschüben" eine völkisch-nationalistische Gesinnung dominiere. Nun dürfen sie nicht müde werden, ihren Beschluss mit Leben zu füllen.

    Schließlich fällt er in eine Zeit, in der rechtsextremes Gedankengut bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen ist. In der Gewalt zunehmend zum Mittel der politischen Auseinandersetzung wird. In der sich bei den Landtagswahlen im Osten Deutschlands und zuvor bei der Europawahl hohe Wahlergebnisse für die AfD abzeichnen. Die Warnung vor der in Teilen als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuften Partei kommt zu einem gut gewählten Zeitpunkt: Die Bischöfe bestärken damit eine bis vor Kurzem noch eher "schweigende Mehrheit". Die demonstriert inzwischen zwar bundesweit für Demokratie und Menschenwürde und wirkt so dem Eindruck entgegen, die AfD, Hass und Hetze bestimmten die Agenda. Damit ist es aber nicht getan.

    Kirche und ihr Umgang mit der AfD: Den Bischöfen geht es um etwas Fundamentales

    Der Beschluss der Bischöfe, der eine Signal- und Vorbildwirkung für andere Organisationen entfalten sollte, hat bereits etwas ausgelöst. Weil sich ihm evangelische Kirchenverantwortliche anschlossen – und kirchliche Verbände oder Initiativen eindeutig Stellung bezogen. Trotz der geschwundenen gesellschaftspolitischen Relevanz der Kirchen hat das eine Kraft, denn nach wie vor haben sie um die 40 Millionen Mitglieder.

    Dass ausgerechnet den katholischen Bischöfen eine Vorreiterrolle beim Schutz der Demokratie zukommt, mag irritieren. Fremdelt die katholische Kirche nicht selbst mit Demokratie in ihren Reihen? Auch deswegen schlägt den Bischöfen Häme entgegen. Und der Vorwurf, sie hätten sich nicht in die Politik einzumischen, wie es einst Pfarrer von der Kanzel taten. Allerdings erheben die Bischöfe heute vor einem anderen Hintergrund ihre Stimme: Der Rechtspopulismus greift gefährlich um sich, der Parlamentarismus wird von innen heraus attackiert.

    Vollends überzeugen wird ihr Beschluss jedoch erst, wenn er auch in die Kirche hinein wirkt

    Parteipolitisch argumentieren sie gleichwohl nicht, ihr Argument ist die "Gottebenbildlichkeit aller Menschen" und damit deren Gleichwertigkeit. Diese sprechen völkische Nationalisten, Rechtsextreme oder Rassisten vielen Menschen ab. Den Bischöfen geht es also nicht um einzelne Positionen, die sie nicht teilen; es geht ihnen um Fundamentales. Um die Menschenwürde. Vollends überzeugen wird ihr Beschluss jedoch erst, wenn er auch in die Kirche hinein wirkt. Was etwa bedeutet eine Mitgliedschaft in der AfD oder ein Amt in ihr für ein kirchliches Engagement? Noch fehlt es an gemeinsamen konkreten Antworten. Und noch verschwimmen die Grenzen zwischen erzkonservativen Katholiken oder Gruppierungen und Rechtsaußen-Positionen teils zu stark. An den Rändern gibt es thematische Überschneidungen wie beim "Lebensschutz" und gemeinsame Feindbilder wie die "Lügenpresse". Was es häufig nicht gibt, ist eine unmissverständliche Abgrenzung.

    Als der Bischof von Regensburg 2023 beim "Marsch für das Leben" von Abtreibungsgegnern mitlief, zeigte jemand in seiner Nähe einen Rassisten-Gruß, fotografiert von einer Journalistin. Der Bischof weiß, dass die Veranstaltung seit Jahren insbesondere von der AfD instrumentalisiert wird. In einer ersten Reaktion kündigte er an, gegen das Foto vorgehen zu wollen.

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