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Kommentar: Kinderarzneimittel: Ein Mangel mit Ansage

Kommentar

Kinderarzneimittel: Ein Mangel mit Ansage

Stefan Lange
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    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.
    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    „Regierung warnt vor Hamsterkäufen bei Kinderarzneimitteln.“ Eine solche Schlagzeile würde man zuerst in einer Bananenrepublik vermuten. Tatsächlich ist es die Bundesrepublik, in der ein eklatanter Mangel an wichtigen Arzneien für Kinder und Jugendlichen vorherrscht. In der fatalistischen Betrachtung macht das schon fast Sinn: Fehlende Kitaplätze, marode Schulen, zunehmende Kinderarmut – eine weitere Keule für die Eltern und ihren Nachwuchs ist dann fast auch schon egal. Aber so geht es natürlich nicht. 

    Die Mangellage ist nicht nur peinlich für ein so reiches Industrieland wie Deutschland. Sie ist ein Skandal, weil die Entwicklung absehbar war und die Politik nicht angemessen reagierte. Gesundheitsminister Karl Lauterbach macht daraus gar keinen Hehl. „Seit vielen Jahren beklagen wir Lieferengpässe bei der Arzneimittelversorgung“, erklärte er Ende Juni im Bundestag. Der SPD-Politiker ist zwar erst in dieser Legislaturperiode Gesundheitsminister geworden. Als Fachpolitiker begleitete er den Medizinsektor aber bereits über viele Jahre hinweg. Es ist ein bisschen billig, die Zeit der SPD-Beteiligung an der Regierung auszublenden und sich jetzt als vermeintlicher Retter zu präsentieren. 

    Wie zu Corona-Zeiten das Toilettenpapier

    Die Kritik der Union an Lauterbach und der gesamten Regierung kann vor diesem Hintergrund niemand wirklich ernst nehmen. Einen „Beschaffungsgipfel“ fordern sie bei CDU und CSU, nachdem in der Regierung von Angela Merkel der Arzneimittel-Produktionsverlagerung ins Ausland jahrelang kein Mittel entgegengesetzt wurde – sehenden Auges ließ man die Unternehmen ziehen und muss jetzt teuer und aufwändig importieren. Anderen Branchen widmete die Regierung mehr Aufmerksamkeit. Wer sich die Milliardensubventionen für die Automobilindustrie anschaut, kann schon ins Grübeln kommen: Sind Kraftfahrzeuge tatsächlich wichtiger als Kinder?

    So richtig wird auch gar nicht klar, was Lauterbach denn nun vermitteln will. Einerseits erklärt er, die Produktion der „kritischen Kinderarzneimittel“ sei deutlich gesteigert worden. So dolle jedoch ist die Lage offenbar gar nicht, denn im gleichen Atemzug warnt er vor Hamsterkäufen. Das wiederum ist strategisch wenig klug, denn die Warnung vor Hamstereinkäufen - das hat das Land in der in der Corona-Pandemie gelernt - erzeugt den gegenteiligen Effekt. Bloß, dass es jetzt nicht um Toilettenpapier, sondern um Medikamente geht, die den Unterschied zwischen Krank und Gesund, schlimmstenfalls zwischen Leben und Tod ausmachen. 

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