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Kommentar: Kamala Harris, eine Kandidatin mit Chancen und Risiken

Kommentar

Kamala Harris, eine Kandidatin mit Chancen und Risiken

Margit Hufnagel
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    Ihre größte Herausforderung wird es sein, sich als einende Kandidatin für alle Amerikaner zu präsentieren.
    Ihre größte Herausforderung wird es sein, sich als einende Kandidatin für alle Amerikaner zu präsentieren. Foto: Shawn Thew/Pool EPA/AP/dpa

    Misst man den eigenen Erfolg an der Reaktion der Gegner, dann hat Joe Biden alles richtig gemacht. Kaum war öffentlich geworden, dass er statt seiner selbst Vizepräsidentin Kamala Harris als Kandidatin für die US-Präsidentschaftswahl vorschlägt, schossen Donald Trump und seine Getreuen aus allen Rohren. Ein Staatsstreich sei es, was da auf offener Bühne geschehe, Harris eine politische Versagerin. David Sacks, Mitglied des Machtzirkels um Trump, twitterte: „Die Demokraten werden nun so tun, als sei Kamala Harris eine großartige Kandidatin, so wie sie vorgaben, Joe Biden sei kognitiv fit.“ Die 59-Jährige, so scheint ist, macht den Republikanern gehörig Angst. Sollten sich die Demokraten wirklich für Harris entscheiden, könnte es auf einmal Trump selbst sein, der wie ein alter Mann wirkt. Denn über eines sollten die vergangenen Wochen nicht hinwegtäuschen: Auch die Umfrageergebnisse von Trump sind keineswegs überragend. Trotz der Aussetzer von Biden gelang es ihm nicht, sich einen echten Vorsprung zu erarbeiten. Im Gegenteil: Schon die Umfragen zeigten, dass die Amerikaner in dieser Wahl eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera sahen.

    Ob die Demokraten tatsächlich mit Harris ins Rennen ums Weiße Haus gehen, ist zum jetzigen Zeitpunkt alles andere als sicher. In der DNA der Partei liegt auch die Lust am Streit, an der Auseinandersetzung. Und das ist auch gut so. Die Entwicklung der Republikaner hin zum Abnickverein für den Trump-Clan sollte ihnen ein warnendes Beispiel sein. Was die Demokraten disziplinieren könnte, ist der Faktor Zeit. Gut 100 Tage dauert es noch, bis der nächste US-Präsident bestimmt wird. Lange Debatten würden nicht nur potenzielle Wähler vergraulen, sie würden auch den Wahlkampf unnötig weiter verkürzen. Egal, ob sie sich auf Harris oder einen anderen Kandidaten einigen: Geschlossenheit wird das Gebot der Stunde sein. Sonst können die Demokraten den Schlüssel für das Haus in der 1600 Pennsylvania Avenue gleich vorab an die Republikaner überreichen.

    Harris ist vielen Konservativen zu links

    Keine Frage: Auch mit Kamala Harris als Kandidatin würde die demokratische Partei ein enormes Risiko eingehen. Anders als Biden wird es für sie schwer, die Herzen des konservativen Amerikas zu erreichen. Zu links, zu elitär, zu „woke“ ist sie vielen. Auch ihr Ruf als die wandelnde Enttäuschung hat sich in den vergangenen Jahren verfestigt. Auch, weil die eigene Partei gar kein Interesse daran hatte, eine Konkurrenz zu Biden aufzubauen.

    Doch ein K.-o.-Kriterium muss das nicht sein. Es wird Aufgabe der Strategen sein, eine Erzählung in den Mittelpunkt zu stellen, die sie maximal von Trump abhebt: Eine Präsidentin Harris hätte ein historisches Momentum. Sie wäre die erste schwarze Frau, die das mächtigste Amt der Welt bekleidet. Das kann Wählergruppen und vor allem Wählerinnengruppen mobilisieren, die sich bisher abgewandt hatten von der Politik. Schon Barack Obama wurde mehr an den Ideen gemessen, die andere in ihn hineinprojiziert hatten als an seiner tatsächlichen Politik. Der Gedanke, Teil einer größeren Bewegung zu sein, die für das vermeintlich Bessere steht, kann Menschen beflügeln. Die Kraft, die davon ausgehen kann, sollte niemand unterschätzen. Allerdings auch nicht überschätzen.

    Auch Harris wird beweisen müssen, dass sie nicht nur die Kandidatin von Bidens Gnaden ist, die Kandidatin, die ran musste, weil die Partei sonst nackt dagestanden wäre. Schon einmal war sie gescheitert mit ihrer Bewerbung. Ihre größte Herausforderung wird es sein, sich als einende Kandidatin für alle Amerikaner zu präsentieren – es gab schon einmal einfachere Aufgaben.

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