Die deutsch-israelischen Beziehungen sind beides: Einerseits einfach, andererseits ziemlich kompliziert. Deutschlands Verantwortung für die Shoa, den Völkermord an etwa sechs Millionen Juden in der NS-Zeit, ist für alle Zeiten in Stein gemeißelt. Deutschland steht für das Existenzrecht des Staates Israel ein, das wiederum hat unmittelbare Auswirkungen auf die deutsche Außenpolitik. Da wird es dann kompliziert.
Deutschland fördert den Friedensprozess im Nahen Osten und setzt sich für eine Zwei-Staaten-Lösung ein: Israelis und Palästinenser sollen nebeneinander in Frieden und Sicherheit leben. Die Region kommt aber nicht zur Ruhe, beide Seiten fügen sich ständig neues Leid zu. Die Bundesregierung muss damit umgehen und den Spagat zwischen den Interessen beider Länder hinbekommen. Siedlungserweiterungen durch die israelische Regierung im Westjordanland etwa fordern Berlin erhebliche diplomatische Dehnungen ab. Verbogen hat sich Deutschland dabei nie. So werden Zweifel am immer wieder geäußerten Bekenntnis der israelischen Regierung zu einer Zwei-Staaten-Lösung laut ausgesprochen, es mangelte bei aller Verbundenheit nie an der notwendigen Distanziertheit.
Netanjahus Rolle nicht überbewerten
Vor diesem Hintergrund ist auch der Umgang mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zu sehen. Er ist umstritten, aber eine Einzelperson darf nicht die Sache als Ganzes überschatten. Unbequem war Netanjahu ohnehin schon immer, man erinnere sich nur an den Eklat 2017, als er ein Treffen mit dem damaligen Außenminister Sigmar Gabriel absagte, weil der regierungskritische Gruppen traf. Den Beziehungen versetzte das einen Schlag, das Verhältnis aber war nicht mal annähernd zerrüttet.
So wird es, so muss es weitergehen. Deutschland hält fest zu Israel und Kanzler Olaf Scholz tat gut daran, das von Angela Merkel 2008 vor der Knesset abgelegte Bekenntnis bei Netanjahus Besuch in Berlin zu erneuern: Die Sicherheit Israels ist eine deutsche Staatsraison. Ganz einfach, auch wenn es manchmal kompliziert ist.