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Kommentar: Deutschland erfüllt seine Staatsräson nicht – weder für Israel noch für sich selbst

Kommentar

Deutschland erfüllt seine Staatsräson nicht – weder für Israel noch für sich selbst

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    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verurteilte zu Beginn seiner Chinareise den Angriff auf Israel  "mit aller Schärfe".
    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verurteilte zu Beginn seiner Chinareise den Angriff auf Israel "mit aller Schärfe". Foto: Michael Kappeler, dpa

    Nach dem iranischen Angriff auf Israel taucht der erhabene Begriff der Staatsräson aus dem Nebel der Gefechtsmeldungen auf. Deutschland hat die Sicherheit des jüdischen Staates bekanntlich zu seiner eigenen Sache gemacht, was eine Besonderheit ist. „Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson“, versprach Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem grausamen Massaker der Hamas vom 7. Oktober vergangenen Jahres. 

    Er ging damit rhetorisch über seine Vorgängerin Angela Merkel hinaus, die 15 Jahre davor im israelischen Parlament erklärt hatte, dass die historische Verantwortung für Israel Teil der deutschen Staatsräson sei. 

    Staatsräson: Ein Begriff aus der Feder Machiavellis

    Schon seinerzeit wurde darüber diskutiert, was genau dieses Bekenntnis bedeutet und was es in der brutalen Wirklichkeit des Nahost-Konfliktes wert ist. Der Begriff der Staatsräson stammt aus dem kriegerischen Italien in der Zeit der Renaissance. Meisterdenker Niccolò Machiavelli (Der Fürst) verstand darunter die Sicherheit und Aufrechterhaltung des Staates, für die notfalls alle Mittel recht seien. Im Zweifel dürfen zur Erreichung dieses Ziels die Rechte der Bürger eingeschränkt werden.

    Im heutigen Begriffsverständnis in Deutschland geht es nicht mehr um die Einschränkung von Rechten, wohl aber um Sicherheit. Während jene Israels akut und direkt bedroht ist, gilt für die Bundesrepublik zumindest eine mittelbare Bedrohung wegen des Kriegs in der Ukraine. Leider ist festzustellen, dass trotz der Zusagen von Scholz und Merkel an Israel die Lektionen Machiavellis hierzulande nicht oder ungenügend verstanden werden. 

    Die vornehmste Pflicht des Staates ist der Schutz seiner Bürger, also innere und äußere Sicherheit. Dieses Verständnis war in Deutschland seit der Wiedervereinigung in einen sicherheitspolitischen Dornröschenschlaf gefallen, doch selbst nach dem russischen Überfall der Ukraine tappt die Bundesrepublik im Halbschlaf durch die Zeitenwende. Der Staat, der die Sicherheit Israels zu seiner Aufgabe macht, hätte einem Angriff mit Raketen und Drohnen wenig entgegenzusetzen. Die deutsche Luftverteidigung ist schwach, Schutzräume und Bunker sind praktisch nicht mehr vorhanden. 

    Die Einheiten der Bundeswehr wären Angriffen mit Drohnen, der neuen Geißel der Kriegführung, ohne Gegenwehr ausgeliefert. Zur Verteidigung der Seewege gegen den Beschuss der vom Iran benutzten Huthi-Rebellen hat die Bundeswehr mit großer Mühe die Fregatte Hessen zusammengekratzt, die jetzt zum Schutz der Ostsee fehlt. Mit „der kleinsten Marine aller Zeiten“ ist der Einsatzradius Deutschlands begrenzt. Die Aufzählung des Schreckens ließen sich beliebig fortsetzen. 

    Deutschland müht sich. Doch Israel verlässt sich höchstens auf die USA

    Nun ist es nicht so, dass Deutschland gar nichts tut. Berlin liefert Israel medizinische und militärische Ausrüstung. Deutschland baut und bezahlt U-Boote der israelischen Marine, die Atomraketen abfeuern können und damit neben der Eisernen Kuppel die Lebensversicherung des Landes sind. Und natürlich könnte Deutschland mit seiner hervorragenden Bonität den Verbündeten finanziell über Wasser halten. 

    Ist damit der deutschen Staatsräson Genüge getan? Eine an Angela Merkel gerichtete Antwort gab seinerzeit Staatsmann Helmut Schmidt. Für Israels Sicherheit mitverantwortlich zu sein, sei eine „gefühlsmäßig verständliche, aber törichte Auffassung, die sehr ernsthafte Konsequenzen haben könnte“, meinte Schmidt. Wenn es beispielsweise zum Krieg zwischen Israel und Iran käme, „dann hätten nach dieser Auffassung die deutschen Soldaten mitzukämpfen“. 

    Der Alt-Kanzler ahnte voraus, was nun eingetreten ist. Doch wegen des Zustands der Streitkräfte könnte die Bundeswehr das gar nicht. Deutschland muss seine eigene Staatsräson erst wieder ernst nehmen, bevor es sie glaubhaft für Israel aussprechen kann. Die Israelis wissen das und verlassen sich höchstens auf die Amerikaner

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