Außenministerin Annalena Baerbock befindet sich auf schwieriger Mission in der Ukraine und in Russland. Ihr Auftrag: Wladimir Putin vom Einmarsch in die Ukraine abbringen. Ihre Druckmittel: keine. Ihr Problem: die SPD. So lässt sich das Dilemma der deutschen Außenministerin umschreiben und es hätte etwas Komisches, ginge es nicht um so viel. Die Deutschen bekommen gerade vor Augen geführt, dass nicht die Außenministerin die Außenpolitik macht, sondern der Kanzler.
Und Kanzler ist Olaf Scholz von der SPD. Und er orientiert sich gleich doppelt an seinem Vorgänger Gerhard Schröder (auch SPD). Scholz bestimmt erstens, dass er der Koch ist und seine grüne Außenministerin die Kellnerin. Bei Schröder hieß der Kellner Joschka Fischer (auch Grüne). Scholz bestimmt zweitens, dass bei der SPD im Umgang mit Russland die Nostalgie den Schritt vorgibt. Wandel durch Annäherung wie unter dem seligen sozialdemokratischen Übervater Willy Brandt.
Putin hat den Wandel von einst zurückgedreht
Das Konzept funktioniert heute leider nicht mehr, weil Putin den von seinen Vorgängern eingeleiteten Wandel zurückgedreht hat, weil dieser seiner Analyse nach die Sowjetunion kollabieren ließ. Für Putin ist das die größte weltpolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts und er arbeitet deshalb am Wiederaufstieg der russischen Großmachtstellung. Bei der SPD ist das noch nicht angekommen und deshalb setzt sie weiter darauf, den russischen Präsidenten durch Angebote, Ermahnungen und Drohungen von seinem politischen Ziel abzubringen.
Dass es besser ist zu drohen, wenn man etwas in der Hinterhand hat, ist eigentlich eine Binse. Doch die Sozialdemokraten haben alles aus der Hand gelegt. Lieferungen von Waffen an die Ukraine zur Verteidigung: nein. Abkopplung Russlands vom internationalen Kapitalverkehr: nein. Stopp der Gasröhre Nord Stream 2: nein. Dabei bräuchte Deutschland nicht einmal auf die Pipeline verzichten, sondern könnte ihre Inbetriebnahme davon abhängig machen, dass Putin seine Soldaten zurückzieht. Aber Scholz gibt von vornherein alle Trümpfe aus der Hand, indem er sagt, es handele sich um ein privatwirtschaftliches Projekt.
Für seine oberste Diplomatin, die die Röhre lieber heute als morgen beerdigen will, heißt das, dass sie keinerlei Spielraum hat. Das führt zu dem tragisch-komischen Angebot an die Ukraine, gemeinsam an Wasserstoff zu forschen. Die Ukrainer immerhin wissen, was die Beteuerungen aus Deutschland wert sind. Und die Deutschen wissen, wer ihre Außenpolitik macht.