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Kommentar: Hilfe für die Ukraine kommt in letzter Minute

Kommentar

Hilfe für die Ukraine kommt in letzter Minute

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    Um die Hilfen der USA an die Ukraine wurde lange gerungen.
    Um die Hilfen der USA an die Ukraine wurde lange gerungen. Foto: J. Scott Applewhite, AP/dpa (Symbolbild)

    Die Entscheidung kommt spät. Sehr spät. Kostbare Monate sind durch unzählige, teils widersinnige Winkelzüge der Republikaner im amerikanischen Kongress verlorengegangen, die alleine dem zynischen Wahlkampfkalkül ihres Vormanns Donald Trump dienten. Nun hat endlich eine Mehrheit des US-Repräsentantenhauses die Blockade durchbrochen und den Weg für neue amerikanische Ukraine-Hilfen im Umfang von 60 Milliarden Dollar freigemacht. Die Zustimmung des Senats und die Unterschrift des Präsidenten sind so gut wie sicher. Noch vor Monatsende könnten neue Waffen in dem von Russland überfallenen Land sein.

    Die schnelle Lieferung des Militärmaterials ist angesichts der zunehmenden Übermacht des Aggressors extrem wichtig. Doch mindestens so bedeutsam ist die politische Wirkung des Beschlusses: Die USA stehen auch im politisch heiklen Wahljahr an der Seite der Ukraine. Das durchkreuzt das Kalkül des russischen Machthabers Wladimir Putin, der auf eine Ermüdung des Westens und einen Diktatfrieden setzt. Und es erhöht den Druck auf die Nato-Partner im Westen Europas, ihren Versprechungen nun endlich ebenfalls konkrete Taten folgen zu lassen.

    Das US-Votum stärkt die Ukraine in ihrer Verteidigung

    Die Ukraine steht nach der neuen Milliarden-Zusage aus Washington eindeutig gestärkt da: Politisch, moralisch und militärisch. "Solange Amerika hilft und unterstützt, werden Demokratie und Freiheit niemals untergehen", hat Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärt. Ausdrücklich dankte er dem republikanischen Parlaments-Sprecher Mike Johnson dafür, "die Geschichte auf dem richtigen Gleis" gehalten zu haben.

    Das lenkt den Blick auf die verworrenen innenpolitischen Kämpfe in Washington, die den Beschluss nach monatelangen Querschüssen plötzlich möglich gemacht haben. Tatsächlich spielt Johnson, der nach dem Sturz seines Vorgängers Kevin McCarthy von ultrarechten Trumpisten in den Job gehievt wurde, eine Schlüsselrolle. Niemand weiß, was den langjährigen Hinterbänkler aus Louisiana plötzlich dazu gebracht hat, sich gegen die Hardliner in seiner Partei zu stellen und die vom Senat bereits beschlossenen Ukraine-Hilfen leicht modifiziert und in trickreicher Verpackung durchs Parlament zu bringen. War es echte - wenn auch späte - Einsicht in die Notwendigkeit? Der Wunsch, in die Geschichtsbücher einzugehen? Oder doch die Angst, dass die Demokraten ihn ansonsten mit einem eigenen Vorstoß entmachten könnten?

    In Washington regiert de facto eine große Koalition

    Klar ist: Mike Johnson hat angesichts der hauchdünnen republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus mit der Vorlage seines Paragraphenwerks persönlich viel riskiert. Schon zuvor hatten ihm Hardliner um die rechtsextreme Trump-Vertraute Marjorie Taylor Greene mit der Abwahl gedroht. Nun unterstützten zwar 101 Republikaner die Ukraine-Hilfen, was eine bemerkenswerte Absage an die isolationistische Trump-Politik ist. Eine fraktionsinterne Mehrheit stimmte aber gegen die Vorlage ihres "Speakers". Das Gesetz kam nur durch, weil gleichzeitig alle Demokraten dafür stimmten.

    De facto regiert in Washington nun also eine große Koalition. Doch dürfte das kaum von Dauer sein. Die rechten Hardliner in der Republikaner-Fraktion schäumen. Bei nächster Gelegenheit dürften sie versuchen, Johnson aus dem Amt zu jagen. Wenn dann ein paar Demokraten mit ihren Stimmen dem Speaker das politische Überleben retten, würde das Johnson in den Augen seiner Gegner endgültig zum "Verräter" machen. Dieses Mal hat ihn der Partei-Pate Trump aus taktischen Gründen gewähren lassen. Sollte der Möchtegern-Autokrat aber im November die Wahl gewinnen, gibt es keinen Grund mehr für Rücksichtnahmen. Dann wäre nicht nur das Schicksal von Johnson, sondern auch das der Ukraine besiegelt.

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