Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Haushaltsstreit der Ampel: Wo kein Wille ist, ist auch kein Weg

Kommentar

Haushaltsstreit der Ampel: Wo kein Wille ist, ist auch kein Weg

Rudi Wais
    • |
    Habeck, Scholz und Lindner: Die laufenden Verhandlungen zum Bundeshaushalt werden für die Koalition abermals zur Belastungsprobe.
    Habeck, Scholz und Lindner: Die laufenden Verhandlungen zum Bundeshaushalt werden für die Koalition abermals zur Belastungsprobe. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Der Haushalt ist das Kursbuch einer jeden Koalition – er beschreibt, wohin die Reise geht. Ob es die Akteinrente der FDP ist, die Kindergrundsicherung der Grünen oder ein staatlicher Investitionsschub, wie ihn die SPD verlangt: Was im Etat für das kommende Jahr nicht abgebildet ist, wird auf lange Zeit ein frommer politischer Wunsch bleiben. Zu angespannt ist die finanzielle Lage des Bundes, zu verfahren die Situation in der Ampel. 

    Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen

    Bis Anfang Juli soll der neue Haushalt stehen, doch anstatt die Milliardenlücken zu schließen, die in ihm noch klaffen, überbieten sich vor allem Grüne und Sozialdemokraten mit immer neuen Forderungen. Dass sie nach der Wahl 2021 einen Koalitionsvertrag unterschrieben haben, in dem auf Betreiben der FDP das Einhalten der Schuldenbremse vereinbart wurde? Geschenkt. Warum nicht auch die marode Infrastruktur oder das im internationalen Vergleich weiter zurückfallende Bildungswesen mit ähnlichen Summen wie den 100 Milliarden für die Bundeswehr sanieren? Der Zweck, so scheint es, heiligt die Mittel. Dass die Schulden von heute nur die Steuern von morgen sind, blenden die rot-grünen Milliardenjongleure nonchalant aus – zumal nach dem Einbruch der beiden Parteien bei der Europawahl der Druck gestiegen ist, es den eigenen Anhängern bewiesen zu müssen. Für die Grünen heißt das, noch mehr Geld in den Klimaschutz und die ökologische Transformation zu stecken, für die SPD, keine Kürzungen bei den Sozialausgaben zu akzeptieren. 

    Wie aus derart konträren Positionen ein gemeinsamer Haushalt werden soll, weiß vermutlich auch Finanzminister Christian Lindner noch nicht. Die Gefahr, dass die Koalition an dieser Frage zerbricht, ist nach den Auseinandersetzungen der vergangenen Wochen jedenfalls keine theoretische mehr. Regierungen sind schon aus nichtigeren Anlässen gescheitert. Ob die Lücke im Etat nun 25 oder 40 Milliarden Euro groß ist, spielt dabei fast keine Rolle mehr. Wo ein Wille ist, sagt der Volksmund, ist auch ein Weg. Aber haben die Ampelparteien diesen Willen überhaupt noch? Wenn überhaupt, dann hält die ungleichen Drei angesichts ihrer desolaten Umfragewerte nur noch die Angst vor vorgezogenen Neuwahlen zusammen – nicht die besten Voraussetzungen für ein erfolgreiches letztes Regierungsjahr. 

    Der Staat ist bereits mit 2600 Milliarden Euro verschuldet

    Bei Staatsschulden von insgesamt 2600 Milliarden Euro sollte Sparsamkeit eigentlich erste Politikerpflicht sein. Ist sie aber nicht – obwohl es Möglichkeiten genug gäbe, vom Verzicht auf die Kindergrundsicherung über eine Reform des Bürgergeldes bis zur Entwicklungshilfe, in der das Geld der Steuerzahler häufig mit besonders großer Geste verteilt wird. Das Maximum jedoch, was die SPD bisher zugesteht, sind Sanktionen für die Bezieher von Bürgergeld, die nebenbei schwarzarbeiten. Die aber muss man erst einmal ausfindig machen, und ob dann auch eine signifikante Entlastung des Etats von Arbeitsminister Hubertus Heil herauskommt? Eher fraglich. 

    So könnte am Ende der Operation Etat eine Lösung stehen, wie sie typischer kaum wäre für die deutsche Finanzpolitik. Für das laufende Jahr hat Lindner noch einen Kreditrahmen von elf Milliarden Euro, den er mit einem Nachtragshaushalt ausschöpfen könnte, um Luft für 2025 zu gewinnen. Aber ist das auch verfassungskonform? Erst im Herbst hat das Bundesverfassungsgericht die langjährige Praxis der Neben- und Schattenhaushalte mit einem spektakulären Urteil gekippt. Dabei ging es, das nur zur Erinnerung, um großzügige Umbuchungen mithilfe eines Nachtragshaushaltes. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden