Das Urteil der Verfassungsrichter zur Schuldenbremse hat die Ampel-Koalition in Finanznot gestürzt. Die Bundesregierung hat über Schattenhaushalte und auf Pump den klimafreundlichen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft bezahlt. Das ist nun vorbei. Der Kaiser ist nackt und jeder sieht es. Überrumpelt sucht das Regierungsbündnis nach Milliarden.
Das befeuert den ohnehin schwelenden Streit zwischen SPD, Grünen und FDP. Die Liberalen fordern Kürzungen bei den Sozialausgaben, um das Loch zu stopfen. Die SPD stellt sich dagegen und will die Schuldenbremse noch einmal aussetzen, um sich das Geld zu beschaffen. Auch die Grünen sperren sich gegen den Sparkurs beim Sozialen, fordern aber die Abschaffung von Diesel- und Dienstwagenprivileg. Gemeinsam haben Rot und Grün der FDP den Erhalt der reduzierten Mehrwertsteuer in der Gastronomie verhagelt. Der Richterspruch hat aber der Ampel-Koalition nicht nur unerwarteten Geldmangel und neuen Streit beschert, sondern stellt eine gängige Staatspraxis der mehr schlecht als recht verhüllten Schuldenpolitik massiv infrage.
Ein Moment der Wahrheit und Klarheit für die Ampel-Koalition
Die Nacktheit ist auch ein Moment der Wahrheit. Grundsätzlich verhält es sich so, dass eine Regierung wahrscheinlich niemals in der Lage sein wird, für alles Wünschenswertes genügend Geld zu haben. Politik heißt auszuwählen und Prioritäten zu setzen. Genau das ist der Ampel-Koalition nicht gelungen, sie hat ihre auseinanderklaffenden Weltbilder nie zu einer Einheit gebracht. Jeder bekam, was er wollte – im Zweifel über verdeckte Kredite finanziert. Das ist nun nicht mehr möglich. Karlsruhe hat die Schuldenbremse scharf gestellt.
Die Schweiz beweist, dass eine solche Sparregel mit einem leistungsfähigen Staat und einer starken Wirtschaft vereinbar ist. Dafür notwendig ist ein stärkerer Fokus auf Investitionen, anstatt die Mittel sozialpolitisch zu verkonsumieren. Die Erhöhung des Bürgergeldes (vormals Hartz-IV) war ein Fehler. Gleichzeitig wird auch die andere Seite Abstriche machen müssen. Das Dienstwagenprivileg könnte fallen, um Geld freizumachen. Das heißt allerdings auch, dass auf die Steuerzahler an bestimmten Stellen höhere Kosten zukommen, weil sie nicht mehr auf die folgende Generation abgewälzt werden.