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Kommentar: GDL-Chef Claus Weselsky kennt nur noch die Eskalation

Kommentar

GDL-Chef Claus Weselsky kennt nur noch die Eskalation

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    Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), geht den Weg der Eskalation. Am Ende könnte er mit seiner angekündigten Streikwelle dem Gewerkschaftslager einen Bärendienst erweisen.
    Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), geht den Weg der Eskalation. Am Ende könnte er mit seiner angekündigten Streikwelle dem Gewerkschaftslager einen Bärendienst erweisen. Foto: Robert Michael, dpa

    Um den Titel Sympathieträger des Jahres hat sich Claus Weselsky noch nie geschert. Ein erfolgreicher Gewerkschaftsboss – und das ist der GDL-Vorsitzende zweifellos – muss das auch nicht. Dennoch gilt auch für ihn, dass er nicht nur eine Verantwortung für seine Lokführer hat, sondern auch eine soziale für das Unternehmen Deutsche Bahn und die Gesellschaft als Ganzes. Jene ist dem 64-Jährigen mittlerweile gleichgültig, anders ist sein neuester Entschluss nicht zu begreifen. 

    Weselsky greift zu einer in der deutschen Sozialpartnerschaft seit langem nicht mehr gekannten Härte. Mit Wellenstreiks und kurzen Ankündigungsfristen soll die Deutsche Bahn mürbe gemacht werden, um die Forderungen der Gewerkschaft durchzudrücken. Millionen Reisende und Pendler werden in Geiselhaft genommen, genau wie die stagnierende deutsche Wirtschaft, wenn der Güterverkehr weitgehend zum Stillstand kommt. Selbst den Notfahrplan will Weselsky durchkreuzen. 

    Der GDL-Streik ist auf Schädigung der Bahn angelegt - und damit auf Schädigung Deutschlands

    In seiner Begründung für den eskalierenden Arbeitskampf hat er ausdrücklich erklärt, die Bahn zu einem unzuverlässigen Verkehrsmittel machen zu wollen. Er setzt also auf die nachwirkende Schädigung des Unternehmens, dessen Ruf ohnehin schwer gelitten hat. In den vergangenen Wochen ist die Bahn der GDL entgegengekommen. 

    In anderen Branchen hätten die Arbeitnehmervertreter bei einem vergleichbaren Angebot nicht gezögert und unterschrieben. Die Verhandlungsposition der Lokführer ist bei der Bahn naturgemäß besser, weil das Staatsunternehmen auch nach einem langen Arbeitskampf nicht pleitegehen wird. Die Steuerzahler kommen notfalls für Verluste auf. 

    Mit seiner Eskalation beschädigt der GDL-Vorsitzende eine Stärke des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Die auf Ausgleich zwischen Kapital und Arbeit angelegte Tarifkultur hat die Wettbewerbsfähigkeit des Landes gestützt. Wenn Weselsky mit seinem rauen Vorgehen Erfolg hat, werden sich andere Gewerkschaftschefs von ihren Mitgliedern fragen lassen, warum sie nicht ebenfalls mehr für sie herausholen. Vor allem der öffentliche Dienst und Staatsunternehmen müssen sich darauf einstellen, dass die nächsten Tarifrunden wuchtig werden. Auch hier haben die Gewerkschaften den Vorteil, gefahrlos eskalieren zu können, weil Behörden und diese Firmen nicht vom Markt verschwinden. 

    Ironischerweise könnte Weselsky dafür sorgen, dass das Gewerkschaftslager durch seinen rücksichtslosen Kurs schlussendlich sogar geschwächt wird. Spätestens wenn die Züge am Mittwoch das erste Mal stehen, wird über eine Beschränkung des Streikrechts diskutiert werden, zum Beispiel durch Einführung einer verpflichtenden Schlichtung.

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