Treffen wie das der sieben wichtigsten Industrienationen im G7-Format sind üblicherweise von langer Hand vorbereitet. Nach dem Abschluss des Gipfels auf Schloss Elmau im vergangenen Jahr wurde bereits mit den Vorbereitungen des G7-Treffens in Hiroshima begonnen. In Japan allerdings wirbelte der ukrainische Ministerpräsident Wolodymyr Selenskyj mit seinem Überraschungsbesuch die übliche Gipfel-Dramaturgie gehörig durcheinander. Durch Selenskyjs Auftritt wurde der G7 zum Kriegsgipfel, der Ukraine-Konflikt dominiert inzwischen gar die Beziehungen zu Afrika.
Es ist noch nicht klar, ob es jemals einen Regierungschef gab, der inmitten eines Krieges in seinem Land so viel im Ausland unterwegs war wie Selenskyj. Der Ukrainer hat mit seiner Reisediplomatie Erfolg. Nachdem zunächst nur Helme und Verbands- material geliefert wurden, gehen inzwischen regelmäßig schwere Waffen in die Ukraine. Sogar F16-Kampfjets sind kein Tabu mehr und ein wichtiges Signal an den Kreml und Präsident Wladimir Putin: Der Westen lässt in seiner Unterstützung für die Ukraine nicht nach.
Chance auf Frieden in der Ukraine
Es geht aber nicht nur um Waffen. Inzwischen gibt es Anzeichen für echte Friedensverhandlungen. Der G7-Gipfel ist dabei nach Angaben aus Diplomatenkreisen ein gutes Stück weitergekommen, hier kommt Afrika ins Spiel. Nachdem sich die Blicke zunächst hoffnungsvoll auf China und die Türkei richteten, könnte nun die Afrikanische Union (AU) den entscheidenden Impuls für Verhandlungen über einen Waffenstillstand und einen späteren Frieden in der Ukraine geben. Mehrere Staatschefs werden nach Kiew und Moskau reisen, um Möglichkeiten für einen Friedensplan auszuhandeln. Dem G7-Kreis und der Europäischen Union ist mittlerweile klar, dass der Krieg von Europa allein nicht beendet werden kann. „Ohne die Afrikanische Union und die Arabische Liga geht da gar nichts“, heißt es in deutschen Diplomatenkreisen. Bei der Arabischen Liga, der Staaten in Afrika und Asien angehören, war Selenskyj bereits. Ein AU-Treffen ist in Planung. Russland redet mit beiden Staatenbünden, es gibt also durchaus die Chance auf einen Durchbruch.
Die Afrikanische Union hatte bisher kaum eine Beziehung zum Ukraine-Krieg. „Zu weit weg, geht uns nichts an, wir haben unsere eigenen Konflikte“, hieß es. Nun der Sinneswandel, der auch mit der Aussicht auf frisches Geld zu tun hat. Nicht von ungefähr bekräftigte der G7-Gipfel die noch von Kanzlerin Angela Merkel initiierte G20-Initiative „Compact with Africa“ als „zentralen Rahmen zur Förderung des unternehmerischen Umfelds in Afrika“, wie es in der Abschlusserklärung heißt. Dem Globalen Süden (Global South, die ehemaligen Entwicklungs- und Schwellenländer im Süden Amerikas, in Afrika und Asien) wurde finanzielle Hilfe versprochen, damit die Staaten „ihre Rohstoffe öfter selbst verarbeiten und so von ihren Ressourcen profitieren“ können, wie Scholz es ausdrückte.
Afrikanische Union und Arabische Liga werden nicht nur wegen möglicher Friedensverhandlungen umworben. Selenskyj und die G7-Staaten richten schon längst den Blick auf das Jahr 2024 und die USA. Dann wird dort ein neuer Präsident gewählt und die bange Frage lautet, ob die Vereinigten Staaten der führende Unterstützer bei Waffenlieferungen und Aufbauhilfen bleiben. Wenn nicht, würde der Geldfluss Richtung Kiew ohne die Rohstoff- und Petrodollars aus der afrikanischen und arabischen Welt deutlich geringer ausfallen.