Deutschland ist ein reiches Land, trotzdem ist jedes fünfte Kind von Armut bedroht. Deutschland wendet rund 120 Milliarden Euro pro Jahr für die Familienpolitik auf, dennoch verbessert sich die Lage nicht. In der Familienpolitik ist es wie auf anderen Politikfeldern auch: In Deutschland wird mit viel Geld nur Mittelmäßiges erreicht, siehe Bundeswehr und Gesundheitswesen.
Das ist aus zwei Gründen bedenklich. Erstens ist es das Geld der Steuerzahler, also der Bürger und Unternehmen, das nicht effizient eingesetzt wird. Sie hätten mehr davon, beließe ihnen der Stadt mehr vom Brutto. Zweitens wird es wegen des allgemeinen Personalmangels schwieriger, in der Praxis bessere Ergebnisse zu erreichen. Denn anders als früher findet der Staat beispielsweise nur noch unter großer Mühe Lehrer, Erzieherinnen und Sozialarbeiter.
Familienpolitik leidet unter Kleinstaaterei, Regelstarrsinn und technischer Unfähigkeit
Der Staat sind in diesem Fall Städte und Gemeinden unter der Zuständigkeit der Bundesländer. Erziehung und Bildung sind Ländersache. Die Ministerpräsidenten hüten die Kompetenz für Kultus wie ihren Augapfel. Aus diesem Grund werden in Deutschland 16 Süppchen gekocht. Während der Corona-Pandemie zeigte sich den Eltern die deutsche Bildungslandschaft als Absurdistan – eine Mischung aus Kleinstaaterei, Regelstarrsinn und technischer Unfähigkeit. Das übergeordnete Ziel, jedem Kind einen Platz im Kindergarten oder in der Schule in der Nähe anzubieten, wird hierzulande nirgends erreicht. Von der Ganztagsbetreuung in der Schule bis zum Nachmittag ganz zu schweigen.
Hemmt der Föderalismus eine erfolgreiche Familienpolitik?
Ein bundesweites Programm für bessere Kitas und Schulen hat aber keine Chance, weil die Länder auf ihrer Zuständigkeit beharren. Ohne diese Kompetenz hätten sie nicht mehr viel zu entscheiden und die Frage drängte sich auf, wozu der Föderalismus noch gebraucht werde.
Zur Unterstützung der Ministerpräsidenten sei gesagt, dass die Ampelkoalition derzeit nicht viel Vertrauen in eine stärkere zentralstaatliche Steuerung erzeugt. In der Familienpolitik strebten SPD, Grüne und FDP den großen Wurf an. Mehr Rechte für homosexuelle Eltern, mehr Geld für arme Kinder, eine gerechtere Aufteilung der Erziehungsarbeit zwischen Männern und Frauen, zwei Wochen Familienurlaub für den Partner nach der Geburt eines Kindes. Nichts davon ist bislang erreicht.
Kindergrundsicherung wird zum nächsten Streitthema der Ampel
Die Kindergrundsicherung ist nach dem Heizungsgesetz das nächste große koalitionsinterne Streitthema nach der Sommerpause. Reserviert sind dafür zwei Milliarden Euro statt der veranschlagten zwölf Milliarden. Nach den aufgeblähten Krisenhaushalten der vergangenen Jahre verlangt die Verfassung die Rückkehr zum soliden Haushalten (Schuldenbremse). Der Zank um die Kindergrundsicherung hat als Nebenerscheinung den Zoff um das Elterngeld und das Ehegattensplitting bei der Steuer hervorgebracht.
Alle drei Instrumente sind ideologisch aufgeladen, die Verschiedenheit der Regierungspartner lässt nur wenig Raum für Kompromisse. Von den Kindern aus gedacht, die im Zentrum der Familienpolitik stehen sollten, wäre es das Beste, zusätzliche Mittel in Schulen und Kindergärten zu stecken. Gerade die ersten Jahre der Kleinsten sind es, die für das ganze Leben entscheidend sind. Gutsituierte Eltern brauchen den Staat im Zweifel nicht, um ihren Kindern eine gute Ausbildung angedeihen zu lassen. Die Mittelschicht und die Armen brauchen ihn.
Das Bildungssystem hätte eine Kraftanstrengung des gesamten Landes verdient. Dem steht der Föderalismus im Wege. Das Geld wäre im Bildungssystem besser angelegt, als verschiedene familienpolitische Leistungen um einige Euro zu erhöhen. In der Summe kostet das viel Geld, bringt der einzelnen Familie aber wenig. Doch die Aussichten auf eine echte Verbesserung sind trübe. Deutschland bleibt Mittelmaß.