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Kommentar: FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat offenbar kein Problem mit Sexismus

Kommentar

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat offenbar kein Problem mit Sexismus

Michael Stifter
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    Wolfgang Kubicki steht auch in den eigenen Reihen in der Kritik.
    Wolfgang Kubicki steht auch in den eigenen Reihen in der Kritik. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Wolfgang Kubicki ist ein Mann der alten Schule – und er zelebriert das auch. Die Grünen-Kollegin Katrin Göring-Eckardt begrüßte er vor den Jamaika-Sondierungen einst mit Handkuss und freute sich anschließend über die Schlagzeilen. Es gibt nicht wenige im politischen Berlin, die dem FDP-Politiker einen gewissen Charme attestieren. Das Problem ist nur, dass sich die gesellschaftlichen Grenzen zwischen Charme und sexistischen Sprüchen in den vergangenen Jahren verschoben haben. Nur scheinbar eben nicht für Kubicki, wie eine alte Geschichte zeigt, die nun in neuem Licht erscheint.

    Silvana Koch-Mehrin wurde als junge Politikerin sexuell belästigt

    Auslöser der Debatte ist ein Buch, das die frühere FDP-Spitzenpolitikerin Silvana Koch-Mehrin geschrieben hat. Darin erzählt sie sehr offen, wie sie als junge Politikerin sexuell belästigt und begrabscht wurde. Als Kubicki nun von der Moderatorin Sandra Maischberger auf die Erlebnisse seiner Parteifreundin angesprochen wurde, berichtete er bereitwillig, wie er selbst Anfang des Jahrtausends einmal mit Koch-Mehrin „geflirtet“ habe.

    Es ging darum, ob sie FDP-Generalsekretärin werden wolle. Koch-Mehrin war Anfang 30 und galt als Nachwuchshoffnung der Liberalen. Doch sie ahnte schon, dass sich das Gespräch nicht ausschließlich um ihre Karriere drehen würde.

    Wolfgang Kubicki: "Das war nicht mein einziger gescheiterter Flirtversuch"

    Von der Begegnung erzählte Kubicki schon einmal in einem Interview mit unserer Redaktion im Jahr 2013: „Das war nicht mein einziger gescheiterter Flirtversuch. Aber ein besonders einprägsamer. Ich erinnere mich noch, wie sich plötzlich ein Schatten von hinten über mich und den Tisch legte, ein Zwei-Meter-Mann da stand und sie sagte: ,Darf ich vorstellen, das ist mein Freund, und im Übrigen war der Studenten-Boxmeister.‘ Ich musste dann spontan los …“

    Was damals noch als amüsante, und ja durchaus selbstironisch vorgetragene Anekdote durchging, empfinden die meisten Menschen nach all den Debatten über Sexismus und MeToo heute überhaupt nicht mehr als harmlos. Nur Kubicki selbst kann die Aufregung offenbar nicht verstehen.

    Frei nach dem Motto „Das bisschen Sexismus wird ja wohl noch erlaubt sein“, ließ er im Gespräch mit Sandra Maischberger nicht nur keinen Zweifel daran, dass er das damals völlig in Ordnung fand. Er machte auch klar, dass er sich jederzeit wieder so verhalten würde. „Fragen Sie mal Silvana Koch-Mehrin, daran hat sie nichts Anstößiges gefunden“, konterte Kubicki gelassen.

    Koch-Mehrin ahnte schon, dass der Termin nicht harmlos werden würde

    Doch die inzwischen 51-Jährige findet die Sache zumindest aus heutiger Sicht eben ganz und gar nicht mehr in Ordnung. Dass ihr Mann damals nach etwa einer Stunde beim Treffen mit Kubicki auftauchte, sei so geplant gewesen, verriet sie nun in einem Interview mit dem WDR.

    Der FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin berichtet in ihrem Buch über sexuelle Belästigung in der Politik.
    Der FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin berichtet in ihrem Buch über sexuelle Belästigung in der Politik. Foto: Jochen Lübke, Archiv (dpa)

    Mit anderen Worten: Die junge Politikerin hatte vor dem Termin mit einem Parteifreund ganz bewusst Sicherheitsvorkehrungen getroffen – und es nicht einmal für dramatisch gehalten, dass sie diese für nötig hielt. Genau das hält sie rückblickend für das größte Problem. „Wenn meine Töchter mir heute erzählen würden, sie hätten einen solchen Termin und würden solche Drumherummaßnahmen ergreifen, würde ich mich sehr erschrecken“, sagte Koch-Mehrin.

    Für die FDP kommt die Debatte nach den jüngsten Wahlschlappen zum ungünstigsten Zeitpunkt. Die meisten Liberalen schweigen peinlich berührt. Manche, wie Parteivize Johannes Vogel, beziehen aber auch klar Stellung. „Es ist ganz einfach: bei Jobgesprächen immer nur über den Job reden“, twitterte der 40-Jährige. Bezug auf Kubicki nahm er nicht. Hat auch so jeder verstanden.

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