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Kommentar: Boris Palmers Rückzug: Das war eine Frechheit zu viel

Kommentar

Boris Palmers Rückzug: Das war eine Frechheit zu viel

Stefan Lange
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    Boris Palmer, der alte und neue Oberbürgermeister von Tübingen, kommt auf den Marktplatz.
    Boris Palmer, der alte und neue Oberbürgermeister von Tübingen, kommt auf den Marktplatz. Foto: Bernd Weißbrod, dpa (Archivbild)

    Es ist nicht schade, dass sich der Politiker Boris Palmer eine Auszeit nimmt. Die jüngsten rassistischen Äußerungen des Tübinger Oberbürgermeisters haben das Fass zum Überlaufen gebracht. „Ja, ich benutze das Wort Neger. Tue ich auch hier in diesem Raum“, sagte der 52-Jährige bei einer Veranstaltung zum Thema Migration vergangene Woche in Frankfurt am Main. Palmer verwendete ein Wort, dass stark diskriminierend ist und deshalb vielfach mit „N-Wort“ umschrieben wird. 

    Er sei ein Faschist, wurde in der Mainmetropole gerufen, Palmer winkte ab. Seine Rechtfertigung, der „simple Sprechakt“ gebe keinerlei Auskunft darüber, „ob die Person ein Nazi ist oder nicht“, zieht allerdings nicht. Der Grünen-Politiker, der gerade sein Parteibuch zurückgegeben hat, studierte unter anderem Geschichte und weiß sehr genau um die Macht des Wortes.

    Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen.
    Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen. Foto: Bernd Weißbrod, dpa

    Mehr noch: Palmer hat sich in der Vergangenheit gezielt dieser Macht bedient, um zu provozieren. „Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären“, sagte der angeblich Hochbegabte vor drei Jahren zu den Corona-Schutzmaßnahmen und den bundesweiten Lockdowns. Vorher hatte er sich schon mal für eine Reform des Polizeigesetzes eingesetzt, um „auffälligen Trinkern“ Platzverbote erteilen zu können. Die Liste der Provokationen ist lang, ein Muster tritt dabei deutlich zutage: Palmer polterte erst, wurde heftig kritisiert – und entschuldigte sich anschließend.

    Palmer zog die Notbremse

    Er finde nicht, dass man in der Politik gemocht werden müsse, hat Palmer mal gesagt. Aber der Sturm an Anschuldigungen nach seinem Auftritt in Frankfurt war dem dreifachen Vater dann offenbar doch zu viel. Am zumindest vorläufigen Ende seiner Reihe von verbalen Fehltritten entschuldigte er sich nicht nur, sondern zog die Notbremse. Palmer kündigte eine Auszeit an, trat aus der Partei aus und meldete sich krank. An dieser Stelle wird es tragisch. 

    Wo geht's lang? Boris Palmer nimmt sich erst mal eine Auszeit.
    Wo geht's lang? Boris Palmer nimmt sich erst mal eine Auszeit. Foto: Bernd Weißbrod, dpa

    Denn jeder Mensch hat ein Recht auf Privatsphäre und Kranksein. Auch Palmer, aber der wird nun jene Geister nicht mehr los, die er mit seinen Provokationen anlocken wollte. Die Lauten, die Krakeeler in Teilen von Medien, Gesellschaft und Politik werfen ihm Feigheit und Taktiererei vor. Palmer habe keine Entschuldigung mehr gewusst, die Krankheit sei nur vorgetäuscht, heißt es. 

    Dem Menschen Palmer ist eine gute Besserung zu wünschen. Sowie die Einsicht, dass Sprachkrawall vielleicht kurzfristig Aufmerksamkeit und ein paar Follower im Internet bringt, sich langfristig aber nicht auszahlt. 

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