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Kommentar: Erst denken und dann reden – oder doch umgekehrt?

Kommentar

Erst denken und dann reden – oder doch umgekehrt?

Stefan Lange
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    Sie führen die Regierung: Robert Habeck (Grüne), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Christian Lindner (FDP).
    Sie führen die Regierung: Robert Habeck (Grüne), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Christian Lindner (FDP). Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Regieren kann so einfach sein. „Während viele Politiker oft und gerne vollmundig erklären, was sie vorhaben, bereitet Scholz erst abseits der Öffentlichkeit seine Entscheidung gründlich vor und verweist im Anschluss öffentlich auf das, was geschafft worden ist“, erklärt Steffen Hebestreit im Fachmagazin Journalist. Hebestreit ist der Regierungssprecher, Scholz ist Kanzler, sein Chef, und beide sind hauptsächlich für die Kommunikation im Kanzleramt verantwortlich. Hebestreit sagt nicht, wen er mit „vollmundig“ meint. Er könnte aber durchaus den Vizekanzler im Sinn haben. Denn Robert Habeck redet gerne und gerne viel. Der Sozialdemokrat und der Grüne bilden damit in der Außendarstellung die Extreme der Regierung ab. Das Spannungsfeld zwischen diesen beiden Polen könnte elektrisieren, produziert im Moment aber eher Kurzschlüsse.

    Der vor fünf Monaten unterschriebene Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP ist, klagen Abgeordnete der Parteien, bereits Makulatur. Denn in der Regierung macht jede Partei, was sie will, und das ist vor allem auf die gestörte Kommunikation zurückzuführen. Ein Beispiel: Hebestreit hat zwei Vizes an seiner Seite. Christiane Hoffmann wurde von den Grünen zur stellvertretenden Regierungssprecherin gemacht. Die

    Habeck zieht an Scholz vorbei

    Waffenlieferungen an die Ukraine, Corona, Klimaschutz – Olaf Scholz scheint bei den wichtigen Themen immer einen Schritt zu spät zu kommen. Das kann daran liegen, dass er gründlicher nachdenkt als andere. Es liegt aber mit Sicherheit auch an der mangelhaften Kommunikation. Aus Ampel-Kreisen wird berichtet, dass sich Ansagen aus dem Kanzleramt oft widersprechen. Scholz' Büroleiterin Jeanette Schwamberger beispielsweise verbreitet dann intern etwas andere Infos als Hebestreit. Vernünftig arbeiten lässt sich so nicht.

    Robert Habeck zog daraus seine Lehren. Nicht nur, dass er mit seinem Rennrad derart rasant ins Kanzleramt brettert, dass selbst seine Sicherheitsleute ihm nur mit Mühe folgen können. Im Bereich der Kommunikation hat er Scholz in der öffentlichen Wahrnehmung längst abgehängt. Wenn der Minister morgens eine Idee hat, gibt er sie umgehend in den Kreislauf seines Ministeriums und präsentiert das Ergebnis dann der Öffentlichkeit. Von seiner Entscheidung etwa, die Förderung für Plug-in-Hybride zu beenden, erfuhren die meisten Kabinettsmitglieder aus der Zeitung.

    Merz macht es auch anders als Scholz

    Scholz sei, sagt sein Sprecher Hebestreit, mit seinem Prinzip in den letzten Jahren doch recht erfolgreich gewesen und habe die Bundestagswahl gewonnen. Aber beim wichtigen Thema Waffenlieferungen rutschte die SPD durch seinen zögerlichen Kurs, laut einer Umfrage des Forsa-Instituts, auf 23 Prozent ab. Sie steht damit drei Punkte hinter der Union – die auf CDU-Seite mit Friedrich Merz einen Chef hat, der wie Habeck lieber handelt, bevor er auf andere warten muss.

    Mag sein, dass das Scholz'sche Prinzip in seiner Hamburger Zeit funktioniert hat. Als er Bundesfinanzminister war, klappte es so einigermaßen, weil Kanzlerin Angela Merkel die Aufmerksamkeit auf sich zog. Jetzt steht Scholz im Fokus und da wäre es an der Zeit, von alten Gewohnheiten Abstand zu nehmen.

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